Der aktuelle Halbjahresbericht für das zweite Halbjahr 2024 (PDF) zeigt: Ein bisschen was hat sich getan. Vor allem bei Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und dem Sitzplatzangebot im Schienenverkehr gab es leichte Verbesserungen im Vergleich zu den Vorjahren.
Doch Verkehrsminister Winfried Hermann tritt auf die Euphoriebremse: „Das ÖPNV-Ranking des Landes zeigt, dass sich die Qualität im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2023 leicht verbessert hat. Zufrieden bin ich damit aber nicht. Ein pünktlicher und kundenorientierter Schienenverkehr hat für mich oberste Priorität. Wir haben als Land den Takt verbessert und in moderne und klimafreundliche Züge investiert. Er muss aber auch verlässlich und gut laufen. Ein funktionierender Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) ist essentiell für den Klimaschutz.“
Die Hauptprobleme: Ein altbekanntes Lied
Die Gründe für die Misere sind vielfältig und ärgern Fahrgäste seit Langem:
- Veraltete und marode Infrastruktur
- Schlechtes Baustellen-Management
- Personalmangel
- Mangelnde Information und Kommunikation
Und es könnte noch dicker kommen: Ab Sommer 2025 soll die Zahl der Baustellen weiter steigen.
Minister Hermann redet Klartext in Richtung Deutsche Bahn (DB)
„Digitalisierung und Sanierung der Schiene sind zweifellos wichtige Maßnahmen für einen zukunftsfähigen und funktionierenden ÖPNV. Meine Erwartung ist dabei aber: dass die Deutsche Bahn (DB) die Kontrolle über ihr Baustellen-Management gewinnt und dass sie die Maßnahmen frühzeitig und zuverlässig ankündigt.“ Und weiter: „Die Eisenbahnverkehrsunternehmen müssen frühzeitig informiert sein, um Störungen minimieren, einen zuverlässigen Ersatzverkehr planen und umfassend informieren zu können. Es ist nicht akzeptabel, dass die Fahrgäste unter Baustellen und Missmanagement leiden. Fahrgäste haben Verständnis für notwendige Sanierungsarbeiten; sie verstehen aber nicht, dass sie nur schlecht oder gar nicht informiert werden.“
Trendwende? Eher Stabilisierung mit Schönheitsfehlern
Immerhin: Mit durchschnittlich 45 Punkten in der Gesamtwertung bleibt die Qualität im zweiten Halbjahr 2024 im Vergleich zu 2023 stabil. Sorgen bereitet jedoch, dass immer weniger Netze (nur 10 von 33) über 50 von 100 möglichen Punkten erreichen.
Die Knallhart-Zahlen im Vergleich (2. Halbjahr):
| Kategorie | 2022 | 2023 | 2024 |
|---|---|---|---|
| Pünktlichkeit | 77,11 % | 78,65 % | 79,91 % |
| Zuverlässigkeit | 98,39 % | 97,77 % | 98,66 % |
| Zugbindung | 96,08 % | 96,35 % | 96,92 % |
| Sauberkeitsquote | 89,15 % | 88,41 % | 86,80 % |
Auffällig: Die Sauberkeit hat sich verschlechtert, was auch am deutlich erhöhten Fahrgastaufkommen liegt. Zum Vergleich wird stets das zweite Halbjahr herangezogen, da hier aufgrund von mehr Baustellen tendenziell mehr Störungen auftreten.
Die Sieger: Schweizer Präzision dominiert
Wenig Überraschung an der Spitze:
- Gold: Schweizerische Bundesbahnen (SBB) mit der Strecke Klettgau (Netz 16d).
- Silber: Schwäbische Albbahn (SAB) (Netz 50).
- Bronze: SBB mit dem Rhyhas (Netz 19).
Die Aufsteiger: Hier geht was!
Es gibt auch Lichtblicke! Verkehrsminister Hermann lobt: „Drei Eisenbahnverkehrsunternehmen haben trotz widriger Rahmenbedingungen sichtbar zugelegt. Top-Aufsteiger ist die Bodenseegürtelbahn (Netz 16b). Ihr Betreiber, die DB Regio, konnte um 36 Punkte zulegen und somit vom vorletzten Rang im zweiten Halbjahr 2024 auf den zehnten Rang aufsteigen. Verbessert haben sich bei der Bodenseegürtelbahn die Zuverlässigkeitsquote, die Kapazität der bereitgestellten Züge sowie Sauberkeit.“ Fremdverschuldete Ausfälle (Streiks, Unwetter etc.) fließen hier nicht ein.
Weitere Verbesserungen zeigten:
- DB Regio mit der S-Bahn Rhein-Neckar (Netz 6b): +16 Punkte (Pünktlichkeit, Fahrgastzufriedenheit).
- Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG/SBS) auf der Neckartal-Strecke (Netz 1a): +14 Punkte (Zuverlässigkeit, Sauberkeit, Fahrgastzufriedenheit).
Land investiert – Unternehmen in der Pflicht
Baden-Württemberg hat reagiert: Ein Aktionsplan Qualität (Herbst 2023), das Bündnis für Fachkräftegewinnung im ÖPNV (März 2024) und ein Verkehrsvertrag 2.0 (Februar 2025) sollen die Wende bringen. Unternehmen werden bei fremdverschuldeten Ausfällen entlastet, müssen aber bei Eigenverschulden tiefer in die Tasche greifen.
Hermanns klare Ansage: „Das Land investiert trotz angespannter Haushaltslage in Züge und Zugbegleitung, um die Qualität auf der Schiene zu verbessern. Die Bahnunternehmen sind nun in der Pflicht. Sie müssen dafür sorgen, dass die Züge zuverlässig, mit den vertraglich vereinbarten Kapazitäten fahren und saubere Züge zur Verfügung stellen. Hier müssen schleunigst Verbesserungen her. Für die Fahrgäste und für das Klima.“
Das Ranking im Detail Das Qualitätsranking, gestartet 2021, bewertet halbjährlich 33 Schienennetze. Die Kriterien: Pünktlichkeit (25%), Zuverlässigkeit (25%), Fahrgastzufriedenheit (25%), Zugkapazität (15%) und Sauberkeit (10%).