Qualifiziert – und trotzdem blockiert
Zahlreiche ausländische Pflegekräfte, Ingenieure und IT-Fachleute scheitern hierzulande nicht an fehlender Kompetenz, sondern an einem System, das langsam, starr und überreguliert ist. Statt ihnen den schnellen Einstieg zu ermöglichen, müssen sie sich oft jahrelang mit Papierkram, Nachweisen und Wartezeiten herumschlagen.
Wer etwa aus den Philippinen, Brasilien oder Indien nach Deutschland kommt, kann häufig nicht direkt arbeiten, selbst wenn Berufserfahrung und Ausbildung vorhanden sind. Stattdessen braucht es eine Anerkennung des Abschlusses durch zuständige Behörden, die nicht selten mehrere Monate bis Jahre dauert. Erst danach darf ein regulärer Arbeitsvertrag unterzeichnet werden.
Viele Betroffene sind in dieser Zeit in einer rechtlichen Grauzone – dürfen nur begrenzt arbeiten, müssen sich selbst finanzieren oder werden in fachfremden Jobs eingesetzt. Für die dringend benötigten Fachkräfte ist das frustrierend – für viele ist Deutschland so nur eine Durchgangsstation.
„Während wir hier über Dokumente streiten, sind dieselben Fachkräfte in den USA bereits im Job. Und wir fragen uns, warum wir die besten Leute nicht bekommen? Ganz einfach: Weil wir sie vergraulen!“, kritisiert Pekka Nebelung, CEO von Jobilla Deutschland und Mitglied im Bundeswirtschaftssenat des Mittelstands (BVMW).
So machen es andere Länder besser
Nebelung weiß, dass es auch anders geht – denn er kennt die Systeme anderer Länder aus erster Hand. Der gebürtige Finne sieht vor allem in Finnland, Kanada und den USA große Vorteile für Zuwanderer:
Finnland: Schnellstart statt Warten
In Finnland können ausländische Fachkräfte innerhalb weniger Wochen mit der Arbeit beginnen. Der Clou: Fehlende Qualifikationen werden berufsbegleitend nachgeholt, etwa durch Kurse am Abend oder Online-Schulungen. So spart das Land nicht nur Zeit, sondern verhindert auch, dass motivierte Kräfte abspringen.
Kanada: Anerkennung parallel zur Arbeit
Kanada setzt auf beschleunigte Verfahren, insbesondere für sogenannte Schlüsselberufe wie Pflegekräfte. Hier dürfen internationale Bewerber direkt starten und absolvieren während der Arbeit die nötigen Zusatzqualifikationen. Der Staat erkennt an, dass praktische Erfahrung zählt – und reduziert dadurch Fachkräftelücken deutlich schneller.
USA: Vertrauen statt Kontrolle
In den USA existiert für viele Berufe keine staatliche Anerkennungspflicht. Unternehmen entscheiden selbst, ob sie eine Person für qualifiziert halten – und bieten bei Bedarf interne Weiterbildungen an. Das Vertrauen in Arbeitgeber ersetzt starre Anerkennungsprozesse. Für hochqualifizierte Migranten bedeutet das: Sie können sofort loslegen.
In Deutschland herrscht Bürokratiewahnsinn
Ganz anders sieht es in Deutschland aus. Hier müssen Zeugnisse übersetzt, beglaubigt, bewertet und von Behörden geprüft werden – ein Prozess, der monatelang dauert, vor allem wenn Dokumente aus Nicht-EU-Staaten stammen.
Viele Verfahren sind nicht digitalisiert und unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. Wer etwa in Bayern arbeiten möchte, muss teils andere Anforderungen erfüllen als in Nordrhein-Westfalen. Die Folge: Viele Fachkräfte geben auf oder gehen weiter, etwa nach Skandinavien, in die Niederlande oder eben in die USA.
Nebelungs Appell an die Politik
Pekka Nebelung fordert einen radikalen Kurswechsel. Seine Forderungen:
- Maximal drei Monate Bearbeitungszeit für Anerkennungsverfahren
- Berufseinstieg parallel zur Qualifikation ermöglichen
- Digitalisierung aller Prozesse, um Wartezeiten zu verkürzen
- Zentrale Plattformen, um Bürokratie zu vereinheitlichen
„Jede Woche verlieren wir hochqualifizierte Menschen an andere Länder. Wie lange wollen und können wir uns das noch leisten? Wer Fachkräfte will, muss sie auch arbeiten lassen – nicht mit Bürokratie vertreiben!“, mahnt Nebelung.