Hilfe kommt per Bildschirm
Die virtuellen Besuche lösen gleich mehrere Probleme der Langzeitpflege. Pflegebedürftige Menschen müssen seltener in volle Arztpraxen fahren. Das schont die Nerven der Patienten und entlastet zugleich die knappen Ressourcen der Rettungs- und Krankentransportdienste. Pflegekräfte und Ärzte stimmen sich durch die digitale Unterstützung deutlich schneller ab. Kaum Wartezeiten. Oft entscheiden wenige Minuten über den weiteren Behandlungsverlauf in einer Einrichtung.
Die Televisiten adressieren dabei zentrale Herausforderungen wie den Fachkräftemangel und den enormen Zeitdruck in der Branche, denn wenn der Arzt per Video zugeschaltet wird, entfallen lange Fahrzeiten für die Mediziner vollständig, wodurch neue Kapazitäten für weitere Patienten entstehen. Gleichzeitig fühlen sich die Pflegekräfte in den Heimen durch die direkte Rücksprache mit den Ärzten sicherer im täglichen Handeln.
Projekte erhalten hohe Förderung
Drei bereits laufende Vorhaben gehen nun in die nächste Runde, während drei neue Konzepte hinzukommen, wobei die Fachleute besonders die technischen Schnittstellen prüfen, damit die Datenübername in die digitalen Patientenakten künftig ohne Reibungsverluste funktioniert und die Fehlerquote sinkt. Minister Lucha sieht die Televisite längst nicht mehr als reines Zukunftsprojekt. Sie ist da. Die Landesregierung will diesen Standard dauerhaft in der Regelversorgung verankern.
Regionale Standorte profitieren
Im Landkreis Reutlingen erhält das MVZ II der Kreiskliniken für sein Projekt „Heim Doc“ beispielsweise 246.924 Euro vom Land, um die hausärztliche Betreuung in den Heimen vor Ort flächendeckend zu modernisieren. Auch im Bodenseekreis fließen hohe Summen in die digitale Gesundheitsbrücke. In Sinsheim erprobt die Kirchliche Sozialstation die Televisite für Menschen in der Häuslichkeit und in der Tagespflege mit einem Förderbetrag von rund 171.800 Euro. In Ludwigsburg unterstützen Fördergelder in Höhe von über 385.000 Euro die Kleeblatt Pflegeheime bei der Umsetzung ihrer Pläne.
Die Bandbreite der Projekte zeigt, wie vielseitig Telemedizin inzwischen eingesetzt wird. In Konstanz konzentriert sich der Gesundheitsverbund mit rund 168.000 Euro auf die palliative und poststationäre Kurzzeitpflege. Ein sensibles Feld. In Bruchsal rückt die Betreuung von Menschen mit Demenz in den Fokus, wofür der Diakonieverein Bruchsal e. V. 136.955 Euro erhält.
Wissenschaft prüft den Nutzen
Eine begleitende Studie untersucht die Akzeptanz und Wirksamkeit der Maßnahmen über den gesamten Projektzeitraum hinweg. Die Experten analysieren, ob Kosten und Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Davon hängt ab, ob Krankenkassen die digitale Visite künftig dauerhaft finanzieren. Es braucht Klarheit. Auffälligkeiten oder technische Probleme fließen direkt in die wissenschaftliche Auswertung ein, um Prozesse gezielt nachzuschärfen.
Blick in die Zukunft
Die Förderperiode für die Jahre 2026 und 2027 setzt konsequent auf den Ausbau bestehender Strukturen. Weg von isolierten Einzellösungen. Hin zu einem flächendeckenden Angebot. Minister Lucha ist überzeugt, dass der Verbleib in der vertrauten Umgebung für viele Patienten das entscheidende Argument ist. Krankentransporte werden seltener nötig. Die Kontrole der Versorgungsqualität bleibt dabei zentral.
Die Digitalisierung der Pflege ist kein Selbstzweck. Sie dient den Menschen. Wenn die Technik zuverlässig funktioniert, bleibt Pflegekräften wieder mehr Zeit für das Wesentliche. Baden-Württemberg geht diesen Weg entschlossen. Der Erfolg der sechs Projekte könnte Signalwirkung für ganz Deutschland haben.