Die flächendeckende Einführung der elektronischen Justizakte (E-Akte) in 15 der 16 Bundesländer bis zum Ende des Jahres markiert einen entscheidenden Schritt in der Modernisierung der deutschen Rechtsprechung. Diese Entwicklung, die auf einer Umfrage der „Deutschen Richterzeitung“ basiert und von der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ veröffentlicht wurde, bereitet den Weg für eine zukunftsfähige Justiz – offen für KI und digitale Verfahren.
Vorteile der E-Akte: Beschleunigung und Entlastung
Der Übergang zur elektronischen Akte ist mehr als eine technische Neuerung; er ist eine strategische Weichenstellung. Die E-Akte soll die Justiz für KI-gestützte Assistenzsysteme zugänglich machen, die die Fallbearbeitung vereinfachen und die Richterschaft entlasten können. Darüber hinaus ebnet sie den Pfad für beschleunigte Online-Verfahren, die Klägern ermöglichen, ihre Rechte vollständig digital geltend zu machen. Dies verspricht nicht nur eine Effizienzsteigerung, sondern auch einen leichteren Zugang zum Recht.
Chronik der Einführung und Herausforderungen
Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes (DRB), betont die Dringlichkeit dieser Entwicklung: „Es ist höchste Zeit, dass die Justiz den Umstieg auf die E-Akte vollendet.“ Er verwies auf frühere Herausforderungen, insbesondere eine „zersplitterte IT-Landschaft“, die ein größeres Hindernis darstellte. Ein „Meilenstein“ sei die Bündelung der Kräfte von Bund und Ländern durch einen Rechtsstaatspakt, ergänzt durch die Bereitstellung von weiteren 210 Millionen Euro durch die Bundesregierung zur Forcierung der Justiz-Digitalisierung.
Ursprünglich war die vollständige Einführung der E-Akte bis Ende 2025 geplant. Eine nun gewährte Fristverlängerung um ein Jahr nutzen jedoch nicht alle Länder. Sachsen-Anhalt ist das einzige Bundesland, das diese Verlängerung in Anspruch nimmt. Während in vielen Bundesländern die Zivil- und Fachgerichte bereits flächendeckend angeschlossen sind, besteht in Staatsanwaltschaften und Strafgerichten weiterhin Handlungsbedarf.
Regionale Unterschiede bei der Umsetzung
Die Umfrage ergab deutliche Unterschiede in der Umsetzungsgeschwindigkeit zwischen den Bundesländern. Sachsen-Anhalt weist hierbei den größten Rückstand auf; im September hatte dort noch kein Gericht oder keine Staatsanwaltschaft mit einer führenden elektronischen Gerichtsakte gearbeitet. Das Justizministerium in Sachsen-Anhalt lässt offen, ob die E-Akte zumindest innerhalb der verlängerten Frist bis zum 31. Dezember 2026 landesweit eingeführt werden kann.
Auch in anderen Bundesländern gibt es noch Teildigitalisierungen. In Niedersachsen, beispielsweise, arbeiteten bis September sechs von elf Staatsanwaltschaften, 42 von 80 Amtsgerichten und fünf von elf Landgerichten in Strafsachen mit der E-Akte. Schleswig-Holstein meldete vor dem letzten Quartal 2025 eine Abdeckung von rund 50 Prozent in der Strafjustiz. Diese Zahlen unterstreichen, dass die Digitalisierung der Justiz ein komplexer Prozess ist, der regional unterschiedliche Fortschritte macht, aber insgesamt auf klarem Weg in eine digitale Zukunft ist.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)