Ein Planet im Dom – der Schwarzwald bekommt seine eigene Erde
Hinterzarten/St. Blasien – Es ist ein Anblick, der Besucherinnen und Besucher sofort in seinen Bann zieht: Unter der imposanten 36 Meter weiten Kuppel des Doms St. Blasien schwebt ab sofort eine detailgetreue Nachbildung der Erde. Das Kunstwerk „Gaia“ des britischen Künstlers Luke Jerram hat am 3. Oktober 2025 seine feierliche Premiere im Schwarzwald gefeiert – und verwandelt den Dom bis zum 9. November 2025 in einen Ort des Staunens, der Stille und der Inspiration.
Die zehn Meter große, illuminierte Erdkugel dreht sich in rund drei Metern Höhe über dem Boden, begleitet von einer eigens komponierten Klanginstallation. Zusammengesetzt aus hochauflösenden NASA-Satellitenbildern, zeigt sie unseren Planeten so, wie ihn sonst nur Astronauten im All zu sehen bekommen – und ist mit ihren 130 Kilogramm Gewicht rund 1,3 Millionen Mal kleiner als die echte Erde.
„Die größte Gaia, die je in Deutschland gezeigt wurde“
Luke Jerram, der derzeit an neuen Projekten arbeitet und deshalb nicht persönlich zur Eröffnung erscheinen konnte, zeigte sich im Gespräch vorab begeistert vom neuen Ausstellungsort:
„Diese Weltkugel hat einen Durchmesser von zehn Metern und ist damit die größte Gaia, die bisher in Deutschland gezeigt wurde“, sagte der Künstler.
Er freue sich besonders darauf zu sehen, wie das Kunstwerk in der riesigen Kathedrale wirke. „Ich bin gespannt auf das Verhältnis zwischen der großen Weltkugel und der großen Kuppel“, erklärte Jerram.
Die Idee, „Gaia“ nach St. Blasien zu holen, entstand übrigens im Frühjahr 2023. Damals hatten Marianne Wriedt aus St. Blasien und Hedwig Kaiser aus Häusern das Kunstwerk in der Dresdner Frauenkirche gesehen – und waren sofort fasziniert. Gemeinsam mit dem Werbe- und Aktivkreis, der Stadt St. Blasien, dem Kolleg St. Blasien, der Seelsorgeeinheit und der Hochschwarzwald Tourismus GmbH gelang es schließlich, das Projekt in den Dom zu bringen. Unterstützt wurde die Ausstellung von der Erzbischof-Hermann-Stiftung.
Ein Kunstwerk mit Botschaft – und Verantwortung
Für Luke Jerram ist Gaia mehr als nur ein ästhetisches Kunstobjekt. „Meine Kunstwerke sollen Menschen zusammenbringen, um über sensible Themen wie den Klimawandel zu sprechen“, betonte er.
Das Werk ist inspiriert vom sogenannten Overview-Effekt, jenem Gefühl der Ehrfurcht und Verbundenheit, das Astronauten empfinden, wenn sie die Erde aus dem All betrachten. „Man sieht die Fragilität der Erde, aber auch ihre Stärke. Es stellt sich das Gefühl ein, dass mit dem Erdball eigentlich alles in Ordnung ist – dass er momentan lediglich an der Menschheit krankt“, erklärte Jerram.
Für den Künstler liegt die Stärke seiner Arbeit darin, komplexe Themen emotional greifbar zu machen. „Als Künstler kann ich Dinge wie die Klimakrise anders kommunizieren als Wissenschaftler. Das gibt mir Verantwortung, solche Themen zu vermitteln.“
Wissenschaft trifft Kunst
Jerram verbindet in seinen Werken Kunst, Technik und Wissenschaft. „Naturwissenschaftler, Künstler und Ingenieure – sie alle interessieren sich dafür, woraus die Welt gemacht ist und wie die Dinge funktionieren. Wir stellen dieselben Fragen, finden aber oft unterschiedliche Antworten“, sagte er.
Für „Gaia“ arbeitete der Künstler eng mit einer Firma für Heißluftballons zusammen, nutzte Bilddaten der NASA und integrierte einen langsamen Rotationsmotor, der die Weltkugel stetig in Bewegung hält. „Manchmal braucht es keine künstlerische Interpretation, sondern einfach nur eine detaillierte Präsentationsweise – denn die Natur an sich ist schön“, so Jerram.
Ein Ort der Begegnung im Schwarzwald
Im Dom St. Blasien soll Gaia nicht nur beeindrucken, sondern verbinden. „Meine Kunstwerke erlauben verschiedene Zugangsweisen. Ein Umweltaktivist wird sie anders erleben als ein Lehrer oder ein verliebtes Paar, das einfach unter der Kugel entlang spaziert. Dass meine Kunstwerke anderen Raum für eigene Kreativität geben, ist mir wichtig“, sagte Jerram.
Begleitet wird die Ausstellung von einem umfangreichen Rahmenprogramm. Insgesamt finden vier hochkarätige Klassikkonzerte unter der schwebenden Erde statt. Den Auftakt macht am Samstag, 4. Oktober um 16 Uhr das preisgekrönte Ensemble Capella de la Torre. Tickets sind bei allen Tourist-Informationen der Hochschwarzwald Tourismus GmbH, telefonisch unter +49 (0)7652/1206-0 und online unter hochschwarzwald.de/gaia erhältlich.
Kostenloser Eintritt – verlängerte Öffnungszeiten
Die Gaia-Ausstellung ist von Montag bis Samstag zwischen 8:30 und 18:30 Uhr geöffnet, sonntags von 12:30 bis 18:30 Uhr. An Freitagen bleibt der Dom sogar bis 20:30 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei, Spenden sind jedoch willkommen.
Wer die Erdkugel in der Stille des Doms erlebt, spürt schnell, was Jerram meint, wenn er von der „Fragilität und Stärke“ der Erde spricht. Es ist ein Moment, der bewegt – und bleibt.