Ein Paradies, das Herzen erobert
Der Reiz Albaniens ist unbestreitbar. Für viele ist es die perfekte Mischung aus unberührter Natur und pulsierendem Leben. Adrian, ein 27-jähriger „kölsche Jung“, kam für einen Urlaub und ist geblieben. Vor fünf Jahren hat er sich im kleinen Dorf Vuno niedergelassen und betreibt dort mit seiner amerikanischen Frau Bri ein Hostel im traditionellen Stil. Er schwärmt von der Mentalität der Einheimischen: „Die Albaner haben nicht so viele Sorgen, die denken nicht drüber nach, was alles passieren kann. Die leben ihr Leben und sind sehr frei und total relaxed. Das habe ich vorher noch nie erlebt.“
Seine Gäste, wie Jessica und Manuel aus Thüringen, teilen diese Begeisterung. Von der Sonnenterrasse mit Meerblick aus erkunden sie das Land und fassen ihre Eindrücke zusammen: „Die Leute sind supernett und die Strände teilweise noch unbebaut. Irgendwie haben wir da unser Herz daran verloren.“

© ZDF/Michael Bewerunge
Das Angebot ist vielfältig. Während die einen die Ruhe suchen, feiern andere am Strand von Shëngjin beim UNUM Festival. Fünf Tage elektronische Musik vor drei Bühnen ziehen ein internationales Publikum an. „So ein Festival habe ich noch nicht miterlebt. Alle sind offen, es ist internationales Publikum hier, also mega geil“, berichtet Mario aus Hamburg begeistert. Für Abenteurer bietet der Osumi-Canyon in Zentralalbanien mit seinen haushohen Felswänden, ein echter Geheimtipp, unvergessliche Rafting-Touren unter der Führung von Guides wie Alma.
Wenn der Traum auf die Realität trifft
Doch hinter der malerischen Fassade verbirgt sich eine wachsende Bedrohung. Der Boom hat eine unkontrollierte Bautätigkeit an der Küste ausgelöst. Überall schießen Hotel- und Ferienanlagen aus dem Boden, die immense Mengen an Ressourcen verschlingen – allen voran Wasser.
Dieses Wasser stammt oft aus dem bergigen Hinterland, wie aus der Kommune Tragjias. Hier sprudeln noch zahlreiche Quellen, die das Leben der Dorfgemeinschaft sichern. Ela betreibt in Tragjias ein idyllisch gelegenes Familienrestaurant. Das Wasser in ihrer Küche kommt direkt aus der Quelle vor der Haustür. Doch ein geplantes Großprojekt bereitet ihr Sorgen: Ein riesiger Brunnen soll gebaut werden, um Wasser über eine Pipeline direkt in die Tourismusprojekte an der Küste zu pumpen. Die Angst ist greifbar. „Ich habe Angst, dass wir irgendwann kein Wasser mehr haben“, sagt Ela.
Die „ZDF.reportage“ von Michael Bewerunge zeigt eindrücklich diesen Konflikt zwischen touristischer Entwicklung und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Albanien steht am Scheideweg: Gelingt es dem Land, eine Balance zu finden, um sein wertvollstes Kapital – die unberührte Natur und die authentische Kultur – für die Zukunft zu bewahren, oder wird das Paradies den Preis seines eigenen Erfolgs zahlen?
