Verbundsystem fängt Lücken auf

Warum viele Orte in Baden-Württemberg kein eigenes Trinkwasser mehr haben

In vielen Teilen Baden-Württembergs reichen die örtlichen Wasservorkommen nicht mehr aus, um die Bevölkerung vollständig mit Trinkwasser zu versorgen. Das geht aus einer Erhebung des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg zur öffentlichen Wasserversorgung im Jahr 2022 hervor. Demnach waren rund 84 % der Gemeindeunternehmen auf Wasserlieferungen von außerhalb angewiesen – sei es vollständig oder ergänzend zur Eigengewinnung.
Warum viele Orte in Baden-Württemberg kein eigenes Trinkwasser mehr haben
Warum viele Orte in Baden-Württemberg kein eigenes Trinkwasser mehr haben
Quellbecken Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung in Sipplingen
Foto: Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung

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Die Wasserversorgung im Land ist entsprechend stark vernetzt. Sie stützt sich auf ein dreistufiges Verbundsystem: örtliche Gemeindeunternehmen, regionale Gruppenversorger und überregionale Fernwasserversorger. Gerade in Regionen mit knappen Ressourcen wird dieses Netz zur essenziellen Infrastruktur.

Eigenwasser ist Ausnahme, nicht die Regel

Nur 16 % der Gemeindeunternehmen konnten sich 2022 vollständig aus lokalen Wasservorkommen versorgen. Diese liegen besonders häufig in Regionen wie der Oberrheinebene, dem Schwarzwald oder Oberschwaben. In anderen Teilen des Landes – etwa in der Region Stuttgart, auf der Schwäbischen Alb oder in Hohenlohe – sieht es anders aus.

Im Regierungsbezirk Stuttgart verfügten nur 10 von 333 Gemeindeunternehmen über ausreichend Eigenwasser. Besonders deutlich zeigt sich das im Rhein-Neckar-Kreis und in den dicht besiedelten Landkreisen Esslingen und Ludwigsburg – hier gab es kein einziges mit kompletter Eigenversorgung.

Zum Vergleich: Im Regierungsbezirk Freiburg konnten 100 von 293 Gemeindeunternehmen auf eigene Vorkommen zurückgreifen. In waren es 31 von 191, in Tübingen 33 von 242.

Wassernetze über Gemeindegrenzen hinweg

Den Großteil des benötigten Wassers liefern die Zweckverbände der Gruppen- und Fernwasserversorgung, die überregionale Netze betreiben. Diese Organisationen verteilen das aufbereitete Wasser an andere Versorger – ein wichtiger Mechanismus, um Versorgungssicherheit auch in wasserarmen Regionen zu gewährleisten.

Im Jahr 2022 wurden in Baden-Württemberg insgesamt rund 700 Millionen Kubikmeter Wasser gewonnen. Davon stammten:

  • 45 % aus Gemeindeunternehmen,
  • 20 % aus Gruppenversorgern,
  • 35 % aus Fernversorgern.

Fernversorger geben ihr Wasser fast vollständig weiter, Gruppenversorger zum überwiegenden Teil. So entsteht ein feinmaschiges Versorgungsnetz, das auf die jeweiligen regionalen Bedürfnisse reagiert.

Wer versorgt wen?

Trotz dieser Netzstruktur sind es vor allem die Gemeindeunternehmen, die den Kontakt zur Bevölkerung haben: 97 % der Menschen im Land werden laut Erhebung direkt von ihnen beliefert. Nur 3 % erhalten ihr Wasser direkt von Zweckverbänden.

Strukturell setzt sich die Wasserversorgung in aus folgenden Akteuren zusammen:

  • 1.059 Gemeindeunternehmen,
  • 167 Gruppenversorger (Zweckverbände benachbarter Gemeinden),
  • 4 Fernversorger (mit großflächigen Verbandsgebieten).

Herausforderung Klimawandel

Die Daten zeigen: Viele Orte im Land sind bereits heute auf externe Wasserlieferungen angewiesen – Tendenz steigend. Mit Blick auf Trockenperioden, Bevölkerungswachstum und Klimawandel dürfte sich die Bedeutung des Verbundsystems in Zukunft weiter erhöhen.

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