Die Lage ist ernst, und die Bevölkerung wird dringend aufgerufen, kranke oder tote Vögel zu melden und zur Untersuchung einzusenden. Die Situation erinnert erschreckend an das Jahr 2018, als das Virus bereits eine verheerende Welle des Vogelsterbens verursachte.
Usutu-Virus: Ein heimtückischer Feind aus Afrika
Das Usutu-Virus wurde erstmals in den 1950er Jahren in Afrika entdeckt und hat sich in den letzten Jahren zunehmend in Europa ausgebreitet. Das Virus wird durch heimische Stechmücken übertragen und befällt vor allem Amseln. Infizierte Vögel zeigen oft Symptome wie Apathie, Schwäche, fehlendes Fluchtverhalten und wirken stark geschwächt. In vielen Fällen führt die Infektion innerhalb weniger Tage zum Tod der Tiere. Besonders problematisch ist, dass die Symptome oft erst spät erkannt werden und eine Behandlung derzeit nicht möglich ist.
Die Verbreitung des Virus ist stark von den Wetterbedingungen abhängig. In warmen und feuchten Sommern, wie wir sie in diesem Jahr erlebt haben, vermehren sich die Stechmücken besonders stark, was die Verbreitung des Virus zusätzlich begünstigt. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass das Virus in diesem Jahr besonders aggressiv zirkuliert und eine große Bedrohung für die Vogelwelt darstellt.
Dramatischer Anstieg der Todesfälle: Niedersachsen besonders betroffen
Seit Jahresbeginn hat sich die Zahl der gemeldeten toten und kranken Vögel mehr als verdoppelt. Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und der Naturschutzbund NABU verzeichnen einen regelrechten Ansturm von Einsendungen toter Vögel. Besonders besorgniserregend ist die Situation in Niedersachsen, wo in der ersten Jahreshälfte sechsmal mehr tote Amseln gemeldet wurden als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Diese Zahlen sind alarmierend und lassen darauf schließen, dass das Virus in dieser Region besonders stark zirkuliert.
Foto: ©BNITM | Renke Lühken
Insgesamt wurden dem NABU in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mehr als 1.800 tote und über 1.000 kranke Vögel gemeldet. Experten befürchten, dass die Dunkelziffer weit höher liegt, da viele tote Vögel nicht entdeckt oder nicht gemeldet werden. Die hohe Zahl der Todesfälle zeigt, wie ernst die Lage ist und dass dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.
Wissenschaftler kämpfen gegen die Zeit: Forschung am BNITM
Im Bernhard-Nocht-Institut werden die eingesandten Vogel-Kadaver gründlich untersucht, um das Usutu-Virus besser zu verstehen und Strategien zur Bekämpfung zu entwickeln. Die bisherigen Ergebnisse sind alarmierend: Etwa 25 Prozent der untersuchten Vögel waren mit dem Usutu-Virus infiziert. Diese Zahl ist zwar etwas niedriger als beim großen Ausbruch im Jahr 2018, als 40 Prozent der untersuchten Tiere positiv auf das Virus getestet wurden, dennoch ist die Situation ernst.
Die Forscher arbeiten unter Hochdruck daran, die Ausbreitung des Virus einzudämmen und mögliche Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Dabei wird auch untersucht, wie sich das Virus auf andere Vogelarten und Säugetiere auswirken könnte. Bisher ist bekannt, dass auch Menschen durch das Virus infiziert werden können, allerdings verläuft die Infektion in den meisten Fällen mild und verursacht lediglich Symptome wie Fieber und Hautausschläge. Dennoch besteht die Gefahr, dass sich das Virus weiter ausbreitet und zu noch größeren Verlusten in der Vogelpopulation führt.
So kann die Bevölkerung helfen: Meldung und Einsendung von toten Vögeln
Um die weitere Ausbreitung des Usutu-Virus zu verhindern und das Vogelsterben besser zu verstehen, sind die Wissenschaftler auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen. Bürgerinnen und Bürger werden dazu aufgerufen, tote oder kranke Vögel zu melden und diese, wenn möglich, zur Untersuchung einzusenden. Diese Meldungen sind entscheidend, um das Virus geografisch einzugrenzen und seine Verbreitung besser zu dokumentieren.
Wer einen toten Vogel findet, sollte diesen am besten mit Handschuhen oder einer Plastiktüte einsammeln und schnellstmöglich an das Bernhard-Nocht-Institut senden. Wichtig ist dabei, dass die Vögel gut verpackt und idealerweise mit einem Kühlakku versehen versendet werden, um die Qualität der Probe zu erhalten. Eine vorherige Abstimmung mit dem Institut, insbesondere vor dem Versand über das Wochenende, ist ratsam.
Wichtige Informationen und weiterführende Links:
- Adresse der Untersuchungsstelle für Usutu-Viren: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM)
- Meldeseite des NABU: NABU – Melden Sie kranke oder tote Vögel
- Friedrich-Loeffler-Institut: Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI)
Es ist von größter Bedeutung, dass die Bevölkerung weiterhin wachsam bleibt und aktiv zur Bekämpfung des Usutu-Virus beiträgt. Nur durch konsequente Beobachtung, Meldung und wissenschaftliche Untersuchung kann die Ausbreitung des Virus eingedämmt und der Amselbestand in Deutschland langfristig geschützt werden. Gemeinsam kann eine weitere Katastrophe verhindert werden, die unsere heimische Vogelwelt nachhaltig bedroht.