Gerichte bestätigten Verdacht – jetzt Gewissheit
Bereits im März 2022 hatte das Verwaltungsgericht Köln und im Mai 2024 das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) die Einstufung der AfD als Verdachtsfall bestätigt. Damals sahen die Gerichte genügend Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Laut BfV haben sich diese Anhaltspunkte bei der weiteren Beobachtung nicht nur bestätigt, sondern „in wesentlichen Teilen zur Gewissheit verdichtet“.
Umfassende Prüfung über drei Jahre
Die heutige Entscheidung basiert auf einer „intensiven und umfassenden gutachterlichen Prüfung“, die sich über rund drei Jahre erstreckte. Das BfV prüfte das Agieren der Partei anhand der Verfassungsprinzipien Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Dabei wurden die Parteiprogrammatik, öffentliche Äußerungen von Bundespolitikern, aber auch das Verhalten von Repräsentanten auf allen Ebenen sowie Verbindungen zu bekannten rechtsextremistischen Akteuren analysiert.
Auch jüngste Entwicklungen nach dem OVG-Urteil vom Mai 2024 flossen in die Bewertung ein. Dazu gehören die Wahlkampfaktivitäten bei den letzten Landtagswahlen, die Neuordnung des Verhältnisses zur Parteijugend „Junge Alternative“ (JA), die bereits als gesichert rechtsextremistisch gilt, sowie der Wahlkampf zur vorgezogenen Bundestagswahl.
Ethnisch-völkisches Denken als Kernproblem
Als zentralen Grund für die Einstufung nennt das BfV das in der Partei vorherrschende „ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis“. Dieses sei nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar. Es ziele darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen – konkret genannt werden deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund aus muslimisch geprägten Ländern – von gleichberechtigter Teilhabe auszuschließen und ihnen einen „rechtlich abgewerteten Status“ zuzuweisen.
Dieses Denken sei die „ideologische Grundlage für eine kontinuierliche Agitation“ gegen bestimmte Gruppen, die pauschal diffamiert und verächtlich gemacht würden. Das BfV verweist auf zahlreiche „fremden-, minderheiten- sowie islam- und muslimfeindlichen Äußerungen“ führender Funktionäre. Die fortlaufende Agitation gegen Geflüchtete und Migranten befördere Vorurteile und Ängste. Auch die Verwendung von Begriffen wie „Messermigranten“ oder die Zuschreibung einer ethnisch bedingten Gewaltneigung durch führende AfD-Mitglieder werden als Belege angeführt.
BfV-Spitze: Menschenwürde wird verletzt
Die Vizepräsidenten des BfV, Sinan Selen und Dr. Silke Willems, erklärten gemeinsam: „Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei der Alternative für Deutschland um eine gesichert rechtsextremistische Bestrebung handelt. Dieser Befund fußt auf einer äußerst sorgfältigen gutachterlichen Prüfung, die einen Zeitraum von rund drei Jahren umfasst. Wir haben dabei eine Vielzahl von Aussagen und Positionen hochrangiger Parteivertreterinnen und -vertreter aus dem gesamten Bundesgebiet berücksichtigt und auch neueste organisatorische Entwicklungen mit in das Gutachten einbezogen. Maßgeblich für unsere Bewertung ist das die AfD prägende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis, das ganze Bevölkerungsgruppen in Deutschland abwertet und in ihrer Menschenwürde verletzt. Dieses Volksverständnis konkretisiert sich in einer insgesamt migranten- und muslimfeindlichen Haltung der Partei.“