Die Digitalisierung der Funkkommunikation bei der Bundeswehr offenbart laut Berichten der „Welt am Sonntag“ erhebliche und weitreichende Probleme. Interne Akten des Ministeriums und der Truppe, die bisher der Öffentlichkeit vorenthalten wurden, zeichnen ein beunruhigendes Bild der aktuellen Lage. Trotz eines abgebrochenen Feldtests im Mai wird die Serienintegration der Funkgeräte fortgesetzt, was jedoch zu einer spürbaren Einschränkung der Einsatzbereitschaft der Landstreitkräfte führt.
Die geplante „Mischlösung“ aus vorübergehend digitalisierten und noch analogen Geräten soll zwar die militärische Handlungsfähigkeit aufrechterhalten, fordert aber eine „temporäre Reduzierung der Einsatzbereitschaft“. Besonders betroffen ist davon die Panzerbrigade 37, die derzeit als schnelle Eingreiftruppe (Forward Land Force – FLF) der Nato gemeldet ist.
Laut den vorliegenden Recherchen wird das Gesamtsystem auch nach einem für November vorgesehenen weiteren Test lediglich für Ausbildungs- und Übungszwecke nutzbar sein, während die Gefechtstauglichkeit weiterhin nicht gegeben ist. Eine Entscheidung über die Fortsetzung der Serienintegration im Jahr 2026 soll erst im vierten Quartal 2025 getroffen werden, was eine mögliche Verschiebung der digitalen Umrüstung impliziert.
Bereits vor dem im Mai gescheiterten Test gab es Warnungen, die als Verschlusssache eingestuften Dokumenten zufolge. Die von einem Herstellerkonsortium gelieferte Software erfüllte demnach nicht die gestellten Anforderungen. Ein eigens aufgespielter Softwarepatch vor den Prüfungen konnte die bestehenden Mängel nicht beheben.
Nach dem Testabbruch hielt das Amt für Heeresentwicklung in einem Teilergebnisbericht fest, dass die digitalen Funkgeräte „nicht kriegstauglich“ seien. Das Scheitern des Tests auf dem Truppenübungsplatz Munster wurde als „kritisch“ bewertet, da einige der Mängel so gravierend seien, „dass sich aus hiesiger Sicht eine Nutzung durch die Truppe derzeit verbietet“.
Weitere Dokumente, so die „Welt am Sonntag“, weisen auf umständliche Verfahren beim Aufspielen von Kryptoschlüsseln und einen Vorlauf von 40 Tagen für das Frequenzmanagement hin – in einer ernsten Lage wäre hier lediglich ein Tag erforderlich. Das gesamte System wird als „anfällig für menschliche Fehler“ beschrieben. Bei den Tests im Mai benötigten Nutzer unter Laborbedingungen, unterstützt von IT-Fachleuten und unter Zuhilfenahme von VW-Transportern in Tarnfarben („Widder“) als Technikträger, noch zwei Stunden, um die Geräte zu bedienen. Ein solcher VW-Bulli sei in einem Gefechtsverband nicht einsatztauglich. Das abschließende Fazit des Ergebnisberichts ist eindeutig: „In seinem derzeitigen Zustand ist das Funkgerät noch nicht für den Einsatz in der Truppe geeignet.“ Die konstatierten Mängel stünden „im Gegensatz zu den taktischen Notwendigkeiten im Krieg“.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)
