Mehr Zugkilometer – aber noch keine Entlastung
Mit dem Fahrplanwechsel erreicht Baden-Württemberg einen neuen Höchstwert: Rund 103 Millionen Zugkilometer sollen Regionalzüge und S-Bahnen 2026 fahren. Vom Land selbst bestellte Leistungen liegen bei 87,8 Millionen Zugkilometern. Verkehrsminister Winfried Hermann betont die Rekordzahl, warnt aber zugleich, dass die spürbaren Verbesserungen erst eintreten, wenn die Deutsche Bahn die nötige Infrastruktur bereitstellt und Stuttgart 21 vollständig in Betrieb geht.
Baustellen und Ausfälle als Dauerzustand
Auch 2026 wird auf zahlreichen Strecken gebaut, erneuert und digitalisiert. Ziel ist ein robusteres Schienennetz – doch für viele Pendler bedeutet das weitere Jahre mit Sperrungen, Ersatzverkehren und unklaren Fahrzeiten. Besonders betroffen bleibt der Raum Stuttgart, wo wegen Stuttgart 21 und der Umstellung auf digitale Signaltechnik regelmäßig Einschränkungen drohen.
Das Land fordert von der Deutschen Bahn frühzeitige Kommunikation und verlässlichen Ersatzverkehr – bisher ein wiederkehrender Kritikpunkt.
Neue Hermann-Hesse-Bahn – reaktiviert nach Jahren
Zwischen Calw und Weil der Stadt startet Anfang 2026 die Hermann-Hesse-Bahn. Nach jahrelanger Planung und Verzögerung verkehren nun batterieelektrische Triebzüge vom Typ Mireo Plus B im Stundentakt. Fahrgäste erhalten in Weil der Stadt Anschluss an die S-Bahn Richtung Stuttgart. Ob die neue Linie langfristig genügend Nachfrage erzielt, wird sich nach der Anfangsphase zeigen.
Umfangreiche Änderungen bei der S-Bahn Rhein-Neckar
Im Rhein-Neckar-Raum wird das Netz umfassend umgestellt:
- S6: Fährt künftig von Mainz über Mannheim nach Karlsruhe – neue Direktverbindungen etwa Worms–Schwetzingen und Hockenheim–Ludwigshafen.
- S5: Verläuft künftig von Bensheim über Mannheim nach Mainz (ersetzt bisherigen Abschnitt der S6).
- S7: Ehemalige S5 Heidelberg–Eppingen.
- S8: Ehemalige S51 Heidelberg–Aglasterhausen.
- S10: Ersetzt die bisherige S8 Mannheim–Biblis.
- S9: Wird dauerhaft bis Karlsruhe verlängert.
Ziel ist mehr Übersichtlichkeit – doch die Umstellung dürfte anfangs zu Verwirrung führen.
Taktverdichtungen und Kapazitätsanpassungen
Die Ermstalbahn zwischen Tübingen und Bad Urach fährt künftig werktags im Halbstundentakt.
Im Rheintal südlich von Freiburg entsteht ein durchgehender Halbstundentakt, RE 7 und RB 27 wechseln sich ab.
Zusätzlich sind mehr Plätze auf Regionalexpress-Linien vorgesehen, vor allem an Wochenenden.
Auf der Europabahn Offenburg–Kehl werden größere Züge eingesetzt, um das hohe Fahrgastaufkommen während des Straßburger Weihnachtsmarkts zu bewältigen – zunächst nur bis Kehl, da die französische Zulassung neuer Fahrzeuge erst im März 2026 erwartet wird.
Neue Fernverkehrsanbindung – Stuttgart nach Berlin in 4:45 Stunden
Der neue ICE-Sprinter zwischen Stuttgart und Berlin verkürzt die Fahrzeit um eine Stunde. Nur Nürnberg wird unterwegs angefahren. Ob diese Verbindung langfristig zuverlässig ist, bleibt angesichts der hohen Netzbelastung ungewiss.
Regionale Änderungen im Überblick
Rhein-Neckar / Nordwesten:
- RB 67/68: Kuppeln in Neu-Edingen/Friedrichsfeld entfällt, mehr Sitzplätze.
- Mannheim–Frankfurt: Wegfall der Halte MA-Waldhof und Mörfelden.
- RE 1/14 (SÜWEX): Verlängerung bis Heidelberg.
- RE 73: Neuer Halt in Bad Schönborn-Kronau.
- S33: Verbesserte Anschlüsse an S9.
Germersheim – Wörth – Karlsruhe:
- Neue Frühverbindung S52 (ab 4.30 Uhr ab Germersheim).
- Zusätzliche Zugpaare an Wochenenden.
- S3-Ausweitung auf Einstundentakt ab Februar 2026.
Südbaden / Südwesten:
- Münstertalbahn: Alle Züge mit Anschluss nach Freiburg und Basel.
- Breisgau-S-Bahn: Prüfung einer Taktverdichtung am Abend.
- Hochrheinstrecke & Wutachtalbahn: Elektrifizierung ab April 2026, Abschluss bis Ende 2027.
Währenddessen umfangreicher Ersatzverkehr zwischen Rheinfelden und Erzingen.
Bodensee / Oberschwaben:
- Einige Züge enden in Friedrichshafen Stadt statt am Hafen.
- RB 42 (Ringzug): Mehr Plätze an Wochenenden.
Region Mitte / Stuttgart:
- RE 5 und MEX 16: Verschiebungen im Minutenbereich.
- RE 6a/b: Neue Abfahrt zur Minute 7 ab Stuttgart Hbf.
- MEX 17 ersetzt Flügelkonzept, RB 71 fährt separat Bruchsal–Mühlacker.
- RE 71: Verkürzte Fahrzeit Richtung Bretten.
Heilbronn / Hohenlohe / Ostwürttemberg:
- Haltausfälle in Igersheim, Markelsheim, Elpersheim bis Mitte 2026.
- RE 8: Einsatz neuer Talent-3+-Züge, frühere Abfahrten (z. B. 17:30 Uhr ab Stuttgart).
- Murrbahn (Nürnberg–Crailsheim–Stuttgart): Frühere Abfahrten und geänderte Fahrzeiten.
- MEX 13 (Stuttgart–Aalen–Crailsheim): Neue Siemens-Mireo-Züge.
Viele Pläne, ungewisse Wirkung
Der Fahrplanwechsel bringt mehr Angebot, neue Technik und modernere Fahrzeuge – aber auch Unsicherheit. Zahlreiche Baustellen, Ersatzverkehre und zeitliche Verschiebungen sorgen für komplexe Übergangsphasen.
Ob der Nahverkehr dadurch wirklich zuverlässiger wird, bleibt offen. Für viele Fahrgäste bedeutet der Fahrplan 2025/2026 zunächst mehr Möglichkeiten – aber auch mehr Umstellung und Geduld.
