Wenn die, die helfen, selbst keine Hilfe bekommen
Es ist 06:07 Uhr, als das Leben von Polizistin Nina Sieveking auf brutale Weise aus den Fugen gerät. Nach ihrer Nachtschicht fährt sie mit der U-Bahn nach Hause, nichtsahnend, dass dieser Moment ihr Leben für immer verändern wird.

Foto: © NDR/Thorsten Jander
Ein Straßenmusiker spielt Gitarre, zwei Männer steigen ein – die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Ein Blick, ein missverstandener Kommentar, eine aufgeheizte Stimmung – dann eskaliert die Situation. Als Nina versucht, den Musiker zu schützen, wird sie selbst das Ziel der Gewalt. Die Schläger prügeln auf sie ein, schneiden ihr mit einem Teppichmesser die Haare ab und werfen sie schließlich blutüberströmt aus der Bahn. All das geschieht vor den Augen zahlreicher Fahrgäste – doch niemand greift ein.
Diese Szene gehört zu den härtesten, die jemals im Großstadtrevier zu sehen waren. Sie zeigt eine erschreckende Realität: Menschen, die im Dienst ihr Leben für andere riskieren, stehen im Ernstfall oft alleine da.
Die Ermittlungen beginnen – doch plötzlich steht Nina selbst unter Verdacht
Sofort nach ihrem Notruf eilen ihre Kollegen vom PK14 – Lukas Petersen (Patrick Abozen), Daniel Schirmer (Sven Fricke), Harry Möller (Maria Ketikidou) und Piet Wellbrook (Peter Fieseler) – zum Tatort. Doch die Täter sind bereits verschwunden. Während Nina im Krankenhaus mit den körperlichen und seelischen Folgen kämpft, beginnt eine nervenaufreibende Fahndung.
Doch die Ermittlungen verlaufen zäh: Die Videoaufnahmen aus der U-Bahn sind unscharf, Zeugen erinnern sich an nichts – oder wollen nichts gesehen haben. Eine Welle der Frustration breitet sich im Team aus. Dann folgt der nächste Schock: Einer der Täter wird tot am Hafen aufgefunden – erschossen mit Ninas Dienstwaffe, die seit dem Überfall verschwunden ist.

Foto: © NDR/Jörg Müller
Plötzlich ist Nina nicht nur das Opfer – sondern auch Verdächtige. Hat sie sich gerächt? Ihre Kollegen zweifeln. Und sie selbst? Sie schwört, einen dritten Mann gesehen zu haben, der das Geschehen lachend beobachtet hat. Doch es gibt keinen Hinweis auf seine Existenz. Dann hört sie plötzlich dieses Lachen – direkt neben sich.
Düstere Töne für das „Großstadtrevier“: Ein neuer Weg für die Serie
Mit St. Pauli, 06:07 Uhr schlug die ARD eine neue Richtung ein. Die klassische Kiez-Idylle des Großstadtreviers macht Platz für düstere, gesellschaftskritische Themen.
Die Kritiken sind gemischt: Während einige Zuschauer die Intensität und Realitätsnähe loben, vermissen andere die leichtere, gemütliche Atmosphäre früherer Episoden. Kritiker Eric Leimann beschreibt den Film als „überraschend düstere 90-Minuten-Folge“, die den Wandel der Serie unterstreicht. Regisseur Félix Koch zeigt eine Welt, in der „die guten Polizisten vom PK14 für ihren Einsatz keinen Lohn erhalten“. Stattdessen stehen sie einer Gesellschaft gegenüber, die immer mehr aus Gleichgültigen, Hatern und skrupellosen Kriminellen besteht.
Dieser Bruch mit der Vergangenheit ist deutlich spürbar. Einst war das Großstadtrevier eine Serie über das Miteinander auf St. Pauli, heute blickt es tiefer in die Abgründe der Stadt. Dabei bleibt die Frage: Ist dieser neue Stil eine Bereicherung – oder entfernt sich die Serie zu weit von ihren Wurzeln?
Zahlen sprechen für sich: Große Zuschauerresonanz
Die Erstausstrahlung des Films 2021 war ein voller Erfolg: Fast sieben Millionen Zuschauer schalteten ein, der Marktanteil lag bei 23,4 Prozent. Auch die Wiederholung am Mittwochabend dürfte erneut hohe Quoten erzielen.
Besetzung und Stab:
- Nina Sieveking – Wanda Perdelwitz
- Harry Möller – Maria Ketikidou
- Lukas Petersen – Patrick Abozen
- Piet Wellbrook – Peter Fieseler
- Frau Küppers – Saskia Fischer
- Daniel Schirmer – Sven Fricke
- Hannes Krabbe – Marc Zwinz
- Rico Feldmann – Vincent Krüger
- Rabe – Heinz Hoenig
- Regie: Félix Koch
- Drehbuch: Norbert Eberlein
- Musik: Hannah von Hübbenet, Philipp Kobilke
Mit diesem Film beweist die ARD, dass sie bereit ist, sich weiterzuentwickeln – auch wenn das bedeutet, alte Traditionen über Bord zu werfen. Für Fans des klassischen Großstadtreviers mag das ungewohnt sein, doch eines ist sicher: St. Pauli, 06:07 Uhr ist einer der intensivsten Fälle
Sendetermin: Mittwoch 05.03.2025, 20:15 Uhr im Ersten. In der ARD-Mediathek bis 2026 abrufbar.
