Diese Kooperation wird von der Deutschen Bodensee Tourismus GmbH (DBT) koordiniert, die sich für den Erhalt der einzigartigen Kulturregion stark macht. Doch wie sieht nachhaltiger Tourismus in der Praxis aus? Wir haben drei Betriebe besucht, die zeigen, dass Nachhaltigkeit nicht nur möglich, sondern auch genussvoll ist.
Mein Acker, dein Acker: Landwirtschaft zum Anfassen
Der Weltacker in Überlingen ist mehr als nur ein landwirtschaftliches Projekt – er ist ein Symbol für globale Gerechtigkeit und nachhaltige Landwirtschaft. Auf einem 2.000 Quadratmeter großen Grundstück wird hier die weltweite Verteilung landwirtschaftlicher Erträge dargestellt. Anette Wilkening, Bildungsreferentin und Agrarfachfrau, kümmert sich leidenschaftlich um den Acker und die Besucher, die hier mehr über die Zusammenhänge in der Landwirtschaft erfahren. „2.000 Quadratmeter – das ist die Fläche, die jedem Menschen auf der Erde theoretisch zur Verfügung steht. Hier zeigen wir, was darauf angebaut werden könnte und wie ungleich die Verteilung tatsächlich ist“, erklärt Wilkening. Der Überlinger Weltacker ist ein Bildungsprojekt, das weit über die Grenzen der Region hinaus Aufmerksamkeit erregt hat. Es geht um Ressourcen, Wasser, Macht und Gerechtigkeit – große Themen, die hier auf anschauliche Weise vermittelt werden.
Foto: TMBW / Gregor Lengler
Wilkening selbst hat eine tiefe Verbindung zur Landwirtschaft. Nachdem sie als Lehrerin gearbeitet hatte, entschloss sie sich, Ökologischen Landbau zu studieren. Der Weltacker ist für sie ein Herzensprojekt. „Ich wünsche mir, dass unsere Gäste mit Zuversicht und Freude vom Acker gehen. Davon brauchen wir viel mehr. Dass sie spüren: Mit allem, was ich tue, trage ich in jedem Moment meines Lebens eine Haltung in die Welt“, sagt sie mit einem Lächeln. Dieses Engagement zeigt sich auch in der Art und Weise, wie sie den Acker pflegt und die Besucher betreut. „Es ist faszinierend, wie groß so ein Feld ist, wenn man mittendrin steht“, berichtet sie. Für Wilkening ist der Acker ein Ort, an dem große Fragen gestellt werden können – und an dem jeder für sich Antworten finden kann.
Feine Bio-Essenzen: Gin aus dem Kräutergarten
Christine Brugger vom Hof Brugger ist eine wahre Meisterin der Destillation. Ihre „Organic Distillery“ auf dem familiengeführten Demeterhof ist bekannt für Gin-Spezialitäten, die ihresgleichen suchen. Brugger verwendet ausschließlich biologisch angebaute Kräuter aus eigenem Anbau, um ihre feinen Brände herzustellen. „Keine andere Alkoholspezialität ist so vielseitig wie Gin“, erklärt sie. Der Wacholder und das Wasser stehen als Zutaten fest, doch alles andere ist für Brugger ein Experimentierfeld. Silberwermut, Zitronenverbene und Rosenmonarde aus dem eigenen Garten kommen ebenso in ihre Destillate wie Schafgarbe von den Blühstreifen der umliegenden Felder.
Foto: TMBW / Frank Bauer
Die Geschichte des Hofes Brugger reicht weit zurück. Bereits 1973 stellten ihre Eltern auf Biolandwirtschaft um, und seit 1983 ist der Hof Demeter-zertifiziert. Für Christine Brugger ist die Arbeit auf dem Hof eine Herzensangelegenheit. „Meine Destillate sind ungefiltert, sodass die wertvollen Aromen erhalten bleiben“, erzählt sie. Ihr Wissen als Sensorikwissenschaftlerin fließt in jedes ihrer Produkte ein. Besonders stolz ist sie auf ihre beiden Ginspezialitäten, die sie „Ginn“ und „Ginnie“ nennt. Der erste ist holzig-harzig und spricht vor allem Gaumenmenschen an, während der zweite blumig-würzig und eher für Nasenmenschen gedacht ist. Brugger erklärt, dass Männer oft intensiver über den Gaumen, Frauen über die Nase Aromen wahrnehmen. Mit ihren Gins schafft sie ein Erlebnis für beide Sinne.
Regional und saisonal: Die Speiserei im Maier
Philipp Heid, Küchenchef im Slow-Food-Restaurant „Die Speiserei im Maier“ in Friedrichshafen-Fischbach, setzt auf Regionalität und Saisonalität. In seiner Küche dreht sich alles um frische Zutaten aus der Region, die er kreativ und raffiniert verarbeitet. „Wir leben hier ganz nach Saison, Natur und Verfügbarkeit“, erklärt Heid. Deshalb wird man auf der Speisekarte nicht immer Fisch finden, denn der Bodensee ist so nährstoffarm, dass die Fänge immer kleiner werden. Stattdessen stehen oft regionale Gemüse und Kräuter auf dem Plan – alles, was die Produzenten aus der Umgebung gerade liefern können. Wenn eine Zutat fehlt, wird improvisiert. „Ich koche, was die Produzenten liefern. Wenn der eine etwas nicht hat, frage ich bei einem anderen nach. Kann der auch nicht liefern, koche ich etwas anderes“, sagt Heid.
Foto: TMBW / Gregor Lengler
Seine Leidenschaft für Regionalität hat er schon als Kind entdeckt, als er bei seiner Großmutter im Garten half. Dort lernte er, wie man Obst und Gemüse einkocht und haltbar macht. Diese Leidenschaft hat er bis heute beibehalten. Im Sommer versorgt sich „Die Speiserei im Maier“ fast ausschließlich mit Zutaten, die aus einem Umkreis von 30 Kilometern stammen. „Ich liebe es, mit den besten Zutaten zu arbeiten, die die Region zu bieten hat“, betont Heid.
Foto: TMBW / Gregor Lengler
Gemeinsam mit Hendrik Fennel, der den Betrieb zusammen mit seiner Frau leitet, verfolgt Heid das Ziel, nicht nur nachhaltig produzierte Speisen zu servieren, sondern auch einen respektvollen Umgang mit der Natur und den Menschen zu pflegen. Fennel, der vor zehn Jahren vom Rheinland an den Bodensee kam, hat von Anfang an auf Slow Food und Nachhaltigkeit gesetzt. „Egal, ob es um Mitarbeiter oder Kredite geht, wir haben immer versucht, sozial verträglich zu agieren“, erzählt Fennel. Dieses Engagement spiegelt sich auch in der Kooperation „Der Bodensee – ECHT nachhaltig“ wider, bei der das Paar natürlich dabei ist.
Ein Fazit der Nachhaltigkeit
Diese drei Betriebe zeigen, dass nachhaltiger Tourismus nicht nur möglich, sondern auch bereichernd ist – für die Umwelt, für die Gäste und für die Region. Der Bodensee bleibt so ein Ort, an dem man nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen und ihre Produkte auf besondere Weise erleben kann. Hier wird deutlich, dass Nachhaltigkeit und Genuss Hand in Hand gehen können, wenn man bereit ist, neue Wege zu gehen. Der Bodensee wird so zu einem Vorbild für andere Regionen, die den Tourismus der Zukunft nachhaltig gestalten wollen.