Was ist „Kompass 4“ eigentlich?
„Kompass 4“ ist ein verbindlicher Leistungstest für alle Viertklässler in Baden-Württemberg. Er überprüft die Fähigkeiten in Deutsch und Mathematik und soll eine objektive Grundlage für die sogenannte Grundschulempfehlung bieten. Diese Empfehlung entscheidet mit, auf welche weiterführende Schule ein Kind wechseln soll.
Der Test wurde 2024 im Zuge der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) eingeführt. Offiziell soll er die Lehrkräfte bei der Beurteilung unterstützen – viele Eltern empfinden ihn jedoch als zusätzlichen Druckfaktor.
Wann findet der Test statt?
In diesem Jahr schreiben die Schülerinnen und Schüler:
- am Mittwoch, 19. November: Deutsch
- am Donnerstag, 20. November: Mathematik
Wer krank ist, kann in der Woche darauf nachschreiben.
Der Test dauert pro Fach 45 Minuten und kann zwischen 8:30 und 9:30 Uhr flexibel gestartet werden – eine der Änderungen, die die Schulleitungen entlasten sollen.
Warum der Test überarbeitet wurde
Die Premiere 2024 lief nicht gut: Viele Kinder verließen den Testraum mit Tränen, Lehrkräfte und Eltern kritisierten zu schwere Aufgaben, komplizierte Sprache und zu wenig Zeit.
Das Ergebnis war ernüchternd – nur sechs Prozent der Viertklässler erreichten das Niveau, das für eine Gymnasialempfehlung nötig gewesen wäre.
Auch juristisch gab es Ärger: Das Verwaltungsgericht Sigmaringen erklärte den Test teilweise für rechtswidrig, weil die rechtliche Grundlage zum Zeitpunkt der Durchführung noch fehlte.
Um das Vertrauen wiederherzustellen, hat das Kultusministerium gemeinsam mit dem Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) die Aufgaben überarbeitet:
- 50 % der Aufgaben sind nun auf grundlegendem Niveau, 25 % auf mittlerem und 25 % auf erweitertem Niveau.
- Der Stoff stammt ausschließlich aus dem dritten Schuljahr.
- Sprachliche Vereinfachungen: Unnötig komplizierte Formulierungen und Relativsätze wurden gestrichen.
- Zeitfenster und Organisation: Schulen erhalten die Unterlagen früher, um Stress bei der Vorbereitung zu vermeiden.
Laut IBBW-Direktorin Ulrike Rangel sei der Test „weiterhin anspruchsvoll, aber sprachlich gut verständlich“.
Wie wichtig ist „Kompass 4“ für den Übertritt?
Viele Eltern fragen sich, ob ein schlechtes Testergebnis den Wechsel aufs Gymnasium verhindern kann. Die Antwort lautet: Nein – aber es spielt eine Rolle.
Die Grundschulempfehlung setzt sich aus drei Bausteinen zusammen:
- Einschätzung der Lehrkräfte,
- Ergebnis des Kompass-4-Tests,
- Wunsch der Eltern.
Zwei dieser drei Punkte müssen übereinstimmen.
Beispiel:
- Wenn sowohl Lehrkraft als auch Eltern das Gymnasium empfehlen, kann das Kind dorthin wechseln – auch bei einem schwachen Test.
- Stimmen Lehrerempfehlung und Testergebnis überein, aber die Eltern wünschen etwas anderes, gilt die Empfehlung der Schule.
Eltern können jedoch immer noch auf einen Potenzialtest bestehen, falls sie das Gefühl haben, dass ihr Kind im Test unter seinen Möglichkeiten geblieben ist.
Wie Eltern ihr Kind unterstützen können
Viele Familien fragen sich, ob sie mit ihren Kindern für den Test üben sollen. Das Kultusministerium rät davon ab, gezielt alte Aufgaben zu trainieren. Der Test soll den aktuellen Lernstand abbilden, nicht auswendig gelerntes Wissen.
Trotzdem können Eltern ihre Kinder gut vorbereiten, indem sie:
- gemeinsam Texte lesen und besprechen,
- Kopfrechnen und Alltagsmathematik (z. B. Uhrzeiten, Geld, Maßeinheiten) üben,
- und für ausreichend Ruhe und Schlaf an den Testtagen sorgen.
Außerdem wichtig: Kinder brauchen die Rückmeldung, dass der Test keine Prüfung über ihre Zukunft ist, sondern eine zusätzliche Chance, ihre Fähigkeiten zu zeigen.
Wann gibt es die Ergebnisse?
Die Auswertung erfolgt zentral durch das IBBW.
Laut Ministerium sollen die Ergebnisse Mitte Dezember an die Schulen gehen. Erst danach können Lehrkräfte, Eltern und Kinder über die Grundschulempfehlung beraten.
Die endgültige Empfehlung wird im Januar ausgegeben. Bis dahin bleibt vielen Familien die bange Frage: Hat sich das Lernen und Hoffen gelohnt – oder sorgt „Kompass 4“ erneut für Frust?
Fazit:
„Kompass 4“ ist ein Versuch, den Übertritt gerechter und objektiver zu gestalten. Doch viele Eltern erleben ihn als zusätzliche Belastung. Wer das Verfahren kennt, kann den Test besser einordnen – und seinem Kind den Druck nehmen, der mit dem „Kompass“ oft verbunden ist.

