Glück, Sinn, innere Ruhe – während die klassischen Institutionen wie Kirchen an Bedeutung verlieren, wächst in Deutschland die Sehnsucht nach etwas, das Halt gibt. Immer mehr Menschen wenden sich dabei nicht dem Glauben, sondern Coaches, Gurus und spirituellen Lehrern zu. Die neue ZDF-Doku „Die Welt der Coaches – Mach mich glücklich!“ geht diesem Boom auf den Grund und fragt: Was steckt hinter den immer neuen Versprechen der Sinnanbieter?
Foto: © ZDF/Gabriel Streif
Millionen suchen Sinn – und Coaches liefern ihn
Es ist ein Milliardengeschäft: Persönlichkeitsentwicklung, Achtsamkeit, Energiearbeit, Heilung durch innere Arbeit. Begriffe, die längst nicht mehr nur auf Yogamatten in urbanen Lofts zu hören sind, sondern fester Bestandteil eines Massenmarktes geworden sind. Und das Bedürfnis der Menschen, „glücklicher“ zu werden, scheint größer denn je.
Die Doku begleitet Journalist Jan Stremmel und Moderatorin Rabea Westarp auf einer Reise durch die moderne Glücksindustrie. Sie besuchen Seminare, treffen Schamanen, Gurus und Coaches – und hinterfragen die Versprechen, die in dieser Welt allgegenwärtig sind. Dabei begegnen sie einer Szene, die einerseits Hoffnung spendet, andererseits aber auch gefährlich nah an Manipulation, Kommerz und Selbstoptimierungswahn operiert.
Schamanen, Trancetänze und „Wort-Heiler“
Zu den eindrucksvollsten Stationen der Dokumentation zählt ein Besuch bei einem Schamanen, der mit uralten Ritualen Menschen helfen will, ihren inneren Frieden zu finden. Es wird geräuchert, getrommelt, getanzt – in der Hoffnung, seelische Blockaden zu lösen. Auch ein Coach, der mit ekstatischen Trancetänzen arbeitet, lässt die Teilnehmenden tief in ihre Emotionen eintauchen – und verlangt dafür nicht selten hohe Summen.
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Eine Frau, die von ihren Anhängern wie eine spirituelle Lehrerin verehrt wird, propagiert intensive Meditation und Selbstverwirklichung – mit dem Ziel, die Welt zu verändern. Ihre Aussagen klingen oft wie eine Mischung aus Lebenshilfe und Heilsversprechen. Doch ist das noch Coaching – oder schon ein sektenähnliches Abhängigkeitsverhältnis?
Zwischen Hoffnung und Geschäft
Die Doku scheut nicht davor zurück, auch kritische Fragen zu stellen. Denn wo viel Sehnsucht ist, ist auch viel Geschäft. Die Branche boomt, Kurse und Seminare sind oft teuer, manche Online-Coaches verdienen Millionen mit Programmen, die mehr auf emotionale Verführung als auf psychologische Substanz setzen. Immer wieder geht es um Selbstoptimierung, Leistungssteigerung, „Manifestieren“ von Erfolg – ein Narrativ, das gut ins Zeitalter von Social Media und Selbstinszenierung passt.
Foto: © ZDF/Gabriel Streif
Gleichzeitig zeigt „Die Welt der Coaches“ auch, warum so viele Menschen überhaupt auf diese Angebote anspringen: In einer beschleunigten Welt voller Unsicherheiten und wachsender Einsamkeit wirken die einfachen Antworten und spirituellen Gemeinschaftserlebnisse wie ein Trost. Viele Teilnehmer berichten ehrlich von ihrer Verzweiflung, ihrem Wunsch nach Veränderung – und auch von positiven Erfahrungen.
Fazit: Sehnsucht als Geschäftsmodell – aber nicht nur
„Die Welt der Coaches“ liefert keine platten Urteile, sondern differenziert. Die Doku zeigt, wie groß die Grauzone zwischen Hilfe und Illusion, zwischen echtem Wachstum und gefährlichem Wunschdenken sein kann. Sie macht deutlich: Wer sich auf moderne Spiritualität einlässt, sollte genau hinschauen – und darf sich selbst dabei nicht verlieren.
Ein sehenswerter Film über eine Branche, die mit Emotionen handelt – und die Sehnsucht nach Glück zur Ware macht.
Die Dokumentation „Die Welt der Coaches – Mach mich glücklich!“ läuft am Sonntag, den 6. April 2025, um 17:15 Uhr im ZDF.
Sie ist Teil einer dreiteiligen Reihe über die boomende Coaching-Branche – zwischen Sinnsuche, Selbstoptimierung und spirituellem Business.