Dies teilte die Margot Friedländer Stiftung am Freitag in Berlin mit. Bis zuletzt hatte sie ihr Leben der Aufklärung über die Verbrechen der Nationalsozialisten gewidmet und trug ihre Botschaft unermüdlich vor allem an die junge Generation weiter.
Ein Leben gezeichnet von Verfolgung
Geboren am 5. November 1921 als Anni Margot Bendheim in Berlin, musste Margot Friedländer früh die Brutalität des NS-Regimes erfahren. Ihre jüdische Familie wurde systematisch zerstört. Ihr Vater Artur Bendheim wurde bereits 1942 in einem Vernichtungslager ermordet. Im Januar 1943 spitzte sich die Lage dramatisch zu: Ihr jüngerer Bruder Ralph wurde von der Gestapo verhaftet. Ihre Mutter Auguste traf die herzzerreißende Entscheidung, sich ebenfalls der Polizei zu stellen, um ihren Sohn zu begleiten. Bei Nachbarn hinterließ sie für Margot eine Handtasche mit ihrem Adressbuch, einer Bernsteinkette und der eindringlichen, lebensprägenden Botschaft: „Versuche, dein Leben zu machen.“ Mutter und Bruder wurden kurz darauf im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.
Überleben im Untergrund und ein neuer Anfang
Fortan auf sich allein gestellt, lebte die junge Margot monatelang im Untergrund, in ständiger Angst vor Entdeckung. Sie färbte sich die Haare und versuchte, ihre jüdische Identität zu verbergen. Doch im Frühjahr 1944 geriet sie in eine Kontrolle von „Greifern“ – Juden, die von der SS gezwungen wurden, andere Juden aufzuspüren – und wurde verhaftet. Man deportierte sie in das Konzentrationslager Theresienstadt. Inmitten des Schreckens traf sie dort Adolf Friedländer wieder, den sie aus ihrer Zeit beim Jüdischen Kulturbund kannte. Gemeinsam überlebten sie den Holocaust. Sie heirateten und wagten 1946 per Schiff die Ausreise nach New York, nahmen die US-Staatsbürgerschaft an und änderten ihren Nachnamen in “Friedlander”.
Späte Rückkehr und unermüdliche Mission
Nach Jahrzehnten in den USA und dem Tod ihres Mannes Adolf im Jahr 1997, fand Margot Friedländer den Weg zurück zu ihren Wurzeln. Nach einem Besuch auf Einladung des Berliner Senats im Jahr 2003, entschied sie sich 2010, dauerhaft in ihre Geburtsstadt Berlin zurückzukehren. Sie erhielt die deutsche Staatsbürgerschaft zurück und begann ihre unermüdliche Mission als Zeitzeugin. Oft trug sie bei ihren Auftritten die Bernsteinkette ihrer Mutter – ein Symbol der Verbindung und des Weiterlebens. An Schulen und in zahllosen Veranstaltungen berichtete sie von ihrem Schicksal, mahnte zu Toleranz und Menschlichkeit. „Ich spreche für die, die nicht sprechen können“, sagte sie oft.
Anerkennung für eine Jahrhundertzeugin
Ihre Geschichte, festgehalten in ihrer berührenden Autobiografie „Versuche, dein Leben zu machen“ (erschienen 2008) und in Dokumentarfilmen wie „Don’t Call It Heimweh“, erreichte Millionen. Die Anerkennung für ihr Engagement war immens: Sie wurde Ehrenbürgerin Berlins, erhielt das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin und traf Persönlichkeiten wie US-Präsident Joe Biden. Noch im hohen Alter zeigte sie eine beeindruckende Präsenz und Vitalität, zierte 2024 das Cover der deutschen “Vogue” und nahm im April 2025, tief bewegt, den Sonderpreis des Internationalen Preises des Westfälischen Friedens von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier entgegen. Eine Büste im Roten Rathaus ehrt sie seit 2023.
Ihr Vermächtnis lebt weiter
Um ihre wichtige Arbeit auch für künftige Generationen zu sichern, gründete Margot Friedländer 2023 die Margot Friedländer Stiftung. Diese verleiht auch den Margot-Friedländer-Preis an junge Menschen, die sich gegen Antisemitismus und für eine lebendige Erinnerungskultur einsetzen. Ihr Tod am 9. Mai 2025 hinterlässt eine tiefe Lücke, doch ihre Botschaft und ihr Lebenswerk werden als Auftrag und Inspiration weiterwirken.