Jetzt verspricht ein neues KI-Modell von Microsoft namens Aurora nicht nur präzisere Wettervorhersagen, sondern ein ganzes Spektrum an Umweltprognosen – und das schneller und kostengünstiger als bisherige Methoden. Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal Nature veröffentlicht.
Eine KI, die nicht nur das Wetter von übermorgen kennt, sondern auch vorhersagt, wann die nächste Smog-Glocke über einer Stadt hängt oder wo genau ein Taifun auf Land treffen wird – genau das soll Microsofts neues KI-Modell Aurora leisten. Entwickelt von Microsoft Research, ist Aurora ein sogenanntes “Foundation Model”. Das bedeutet, es wurde mit einer gigantischen Datenmenge trainiert – über eine Million Stunden an Wetterdaten von Satelliten, Radarstationen, Simulationen und historischen Prognosen. Microsoft spricht von der “größten Sammlung atmosphärischer Daten, die jemals zum Training eines KI-Vorhersagemodells zusammengestellt wurde.”
Der Clou: Nach diesem Basistraining kann Aurora durch “Finetuning” mit relativ kleinen zusätzlichen Datensätzen auf spezifische Aufgaben spezialisiert werden. Ob Luftverschmutzung, Wellengang oder die Zugbahn von Wirbelstürmen – Aurora soll liefern.
Präziser und schneller als etablierte Systeme
Die Forscher berichten in Nature, dass Aurora bei mittelfristigen Wettervorhersagen (bis zu 14 Tage) in 91 Prozent der untersuchten Zielgrößen bestehende numerische und KI-Modelle übertrifft. Megan Stanley, leitende Forscherin bei Microsoft Research und Teil des Aurora-Kernteams, erklärt: “nicht nur größere Genauigkeit im Allgemeinen, sondern es bedeutet auch, dass wir besser darin sind, extreme Ereignisse vorherzusagen.”
Fallbeispiel Taifun Doksuri: KI korrigiert Experten
Ein beeindruckendes Beispiel: Bei Taifun Doksuri im Juli 2023, der auf den Philippinen wütete, prognostizierte Aurora den Landfall vier Tage im Voraus korrekt. Offizielle Warnzentren lagen daneben und sahen den Sturm vor Taiwan. Mehr noch: Aurora übertraf das National Hurricane Center bei 5-Tages-Prognosen für tropische Wirbelstürme – ein Novum für ein Machine-Learning-Modell – und schlug in der Saison 2022-2023 global sieben große Vorhersagezentren.
Sandstürme und Luftqualität: Aurora lernt dazu
Auch bei der Vorhersage eines schweren Sandsturms im Irak im Juni 2022 zeigte Aurora seine Stärke: einen Tag im Voraus, zu einem Bruchteil der Kosten traditioneller Luftqualitätsmodelle. Und das, obwohl spezifische Luftqualitätsdaten vergleichsweise rar sind. Stanley erläutert: Aurora “didn’t learn anything about atmospheric chemistry, or how nitrogen dioxide, for instance, interacts with sunlight — that wasn’t part of the original training. And yet, in fine tuning, Aurora was able to adapt to that, because it had already learned enough about all of the other processes.”
Ozeanwellen: Präzise Prognosen nicht nur für die Schifffahrt
Selbst komplexe Wellenmuster, wie bei Taifun Nanmadol 2022 in Japan, soll Aurora detaillierter erkennen und so präzisere Prognosen zur Wellenhöhe und -richtung ermöglichen. In Tests erreichte oder übertraf Aurora bestehende Wellenprognosen in 86 Prozent der Vergleiche.
Die Technik dahinter und was es für uns bedeutet
Aurora nutzt eine flexible “Encoder-Architektur”, um Rohdaten aus verschiedensten Quellen zu verarbeiten. “We’re not putting in strict rules about how we think variables should interact with each other,” so Stanley. “We’re just giving a large deep-learning model the option to learn whatever is most useful. This is the power of deep learning in these kind of simulation problems.”
Einmal trainiert, ist Aurora blitzschnell: Prognosen werden in Sekunden generiert – rund 5.000 Mal schneller als traditionelle Systeme, die dafür Stunden auf Supercomputern benötigen. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch erhebliche Betriebskosten.
Offen für alle: Microsoft setzt auf Open Source
Microsoft stellt den Quellcode und die Modellgewichte von Aurora öffentlich zur Verfügung. Das soll Entwicklern weltweit ermöglichen, auf Aurora aufzubauen und weitere Innovationen voranzutreiben. Auch bei MSN Wetter fließt Auroras KI bereits in die Prognosen ein.
Das Interesse aus Wissenschaft und Industrie ist groß. Energieunternehmen, Agrarbetriebe und sogar Rohstoffhändler könnten profitieren. Wessel Bruinsma, Forscher bei Microsoft, betont, wie schnell Anpassungen möglich sind: Jedes Finetuning-Experiment dauerte nur 4-8 Wochen, verglichen mit Jahren für traditionelle Modelle. “Compare this timeline to the development of traditional numerical models, which typically takes multiple years,” sagt Bruinsma.
Die Zukunft der Vorhersage: Ergänzung, kein Ersatz
Für Megan Stanley hat Aurora “the potential to have huge impact because people can really fine tune it to whatever task is relevant to them, whether that’s very localized, high resolution, or flood modelling for instance, particularly in countries which are underserved by other weather forecasting capabilities.” Sie sieht Aurora als Ergänzung, nicht als Ersatz für bestehende Systeme. “It’s the first of its kind. But it doesn’t mean it will be the last.” Die Forschung wird weitergehen, um zu verstehen, wie gut die KI die zugrundeliegende Physik lernt – entscheidend für verlässliche Prognosen auch in sich ändernden Klimabedingungen.
Mehr über Aurora erfahren
- A foundation model for the Earth system
- Abstracts: Aurora with Megan Stanley and Wessel Bruinsma
- Project Aurora: The first large scale foundation model of the atmosphere
- Aurora Forecasting: A flexible 3D foundation model of the atmosphere
- From forecasting storms to designing molecules: how new AI foundation models can speed up scientific discovery