Vom Nischenprodukt zum Verkaufsschlager
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich die Produktion alkoholfreier Biere in Deutschland nahezu verdoppelt. 2020 verkauften die Brauereien trotz Corona-Krise über 660 Millionen Liter – ein Plus von 53% gegenüber 2010. Besonders beliebt: alkoholfreie Biermischgetränke wie Radler, die 2020 ein Absatzplus von 16,5% verzeichneten. Experten prognostizieren, dass der Marktanteil alkoholfreier Biere bald die 10%-Marke knacken wird.
Der Deutsche Brauer-Bund (DBB) verzeichnet einen stetigen Anstieg der Markenvielfalt. Mittlerweile gibt es fast 7.000 Biermarken in Deutschland, wovon über 700 alkoholfreie Biere und Biermischgetränke sind. Diese Entwicklung zeigt, dass die Brauereien auf die steigende Nachfrage reagieren und ihr Angebot kontinuierlich erweitern.
Geschmack und Gesundheit: Was Verbraucher schätzen
Eine Umfrage zeigt: Fast jeder zweite Deutsche (46%) greift mittlerweile zu alkoholfreien Bieren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Verbraucher schätzen besonders den guten Geschmack, die geringere Kalorienzahl und die Verwendung natürlicher Rohstoffe. Auch das wachsende Gesundheitsbewusstsein spielt eine Rolle.
Die Beliebtheit verteilt sich auf verschiedene Sorten: Alkoholfreies Radler führt mit 31% die Rangliste an, dicht gefolgt von alkoholfreiem Weißbier mit 30%. Jeder Vierte (25%) bevorzugt alkoholfreies Pils. Mit der wachsenden Auswahl an alkoholfreien Craft-Bieren wie IPA oder regionalen Spezialitäten wie Kölsch und Alt in alkoholfreier Variante ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Ein wichtiger Aspekt für viele Konsumenten: Auch alkoholfreie Biere werden nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebraut, das als ältestes noch gültiges Verbraucherschutzgesetz der Welt gilt. Dies garantiert die Verwendung von nur vier Zutaten: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe.

Sportlergetränk oder Zuckerfalle?
Oft wird alkoholfreies Bier als ideales Sportgetränk angepriesen. Doch Vorsicht: Trotz geringerer Kalorienzahl enthält es oft mehr Zucker als die alkoholhaltige Variante. Pro 0,33-Liter-Flasche können bis zu 10 Gramm Zucker stecken. Für den Flüssigkeitsausgleich nach dem Sport eignet sich Wasser besser.
Dennoch kann alkoholfreies Bier für Erwachsene eine Ergänzung zum Wasser sein, um den täglichen Flüssigkeitsbedarf zu decken. Einige Sorten sind sogar mineralisch und isotonisch, was sie bei Sportlern beliebt macht. Wer auf den Geschmack nicht verzichten will, sollte auf den Zuckergehalt achten oder zu zuckerfreien Varianten greifen.
Was heißt überhaupt „alkoholfrei“?
Alkoholfreies Bier in Deutschland darf bis zu 0,5 Prozent Alkohol enthalten, auch wenn es das Label „alkoholfrei“ trägt. Der Hinweis „alkoholfrei“ bedeutet daher nicht, dass im Getränk gar kein Alkohol vorhanden ist. In Deutschland dürfen solche Getränke bis zu 0,5 Volumenprozent Alkohol enthalten. Ist ein Getränk jedoch mit „ohne Alkohol“ gekennzeichnet, muss es einen Alkoholgehalt von 0,0 Prozent aufweisen.
Lifestyle statt Notlösung
Der Imagewandel ist deutlich: Vom „Autofahrerbier“ zum Lifestyle-Getränk. Verbesserte Qualität und größere Vielfalt haben dazu beigetragen, dass alkoholfreies Bier heute als vollwertiger Biergenuss wahrgenommen wird. Ob beim Feierabendbier, auf Partys oder beim Grillen – die 0,0%-Varianten sind längst salonfähig geworden.
Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des DBB, betont: „Längst sind alkoholfreie Biere ein Lifestyle-Getränk für Menschen, die Bier lieben und sich gesund und bewusst ernähren möchten.“ Die Brauereien in Deutschland sehen sich im internationalen Vergleich als führend bei alkoholfreien Innovationen und sind entschlossen, diese Marktposition weiter auszubauen.
Trotz der positiven Entwicklung im alkoholfreien Segment betont der DBB, dass dies die Verluste durch die Corona-Pandemie, insbesondere im Gastronomiegeschäft, nicht kompensieren kann.


