Denn eigentlich wollte Hilde etwas Schönes: Nach 38 Ehejahren noch einmal „Ja“ sagen. Dieselben Menschen, dieselbe Liebe, nur mit weniger Falten und mehr Erfahrung. Doch die romantische Erneuerung wird jäh zerstört, als eine junge Frau namens Tamara May in die Zeremonie platzt und behauptet, Ronnies uneheliche Tochter zu sein – ein Überbleibsel des turbulenten Wendeherbstes 1989. Und plötzlich steht da kein Mann, sondern ein wandelnder Beweis dafür, dass das Leben keine Rücksicht auf vorherige Drehbücher nimmt.

© ARD Degeto Film/Conny Klein
Wenn die Ehe kippt, kippt auch die Kantine
Während Ronnie versucht, gleichzeitig eine Tochter kennenzulernen und seine Ehe zu retten, entscheidet Hilde drastisch: Raus mit ihm. Doch wer glaubt, dass die Geschichte nun zur Eheberatung abdriftet, hat „Mit Herz und Hilde“ unterschätzt. Denn kaum ist Ronnie vor die Tür gesetzt, klopft ein anderer, ungebetener Gast an: das Finanzamt.

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Anstatt romantischer Erinnerungen gibt es plötzlich Forderungsbescheide, Steuertabellen und die Erkenntnis, dass gutes Herz und guter Wille in Deutschland nicht steuerfrei sind. Zu viele kostenlose Mahlzeiten für Bedürftige, zu viele private Fahrten mit dem Firmenwagen – Hilde hat mit Empathie gewirtschaftet, nicht mit Excel.
Ihre Antwort darauf ist so bodenständig wie genial: Sie schmiedet einen Plan. Kein luftiges Konzept, keine PowerPoint, sondern ein klassischer Hilde-Masterplan, unterstützt von ihren Freundinnen Lore und Angie, die in jeder Szene wirken, als hätten sie das Drehbuch mitgeschrieben.
Wendeherbst-Wunden, die nicht heilen wollen
Was der Film so angenehm überraschend macht, ist sein Blick zurück: Der Wendeherbst 1989 taucht nicht nur als nostalgischer Gruß aus einer Zeit mit Dauerwelle und Dederon auf, sondern als emotionaler Stachel, den niemand herausgezogen hat. Aus einer alten Affäre wird eine neue Frage:

© ARD Degeto Film/Conny Klein
Wie viele Geheimnisse verträgt eine Ehe?
Und kann man Vertrauen nachbacken – wie eine Bulette – oder ist es einmal verkohlt, für immer verbrannt?
Regisseur Markus Herling inszeniert diese Konflikte mit bemerkenswerter Leichtigkeit. Die Szenen schieben sich nicht schwerfällig, sondern tänzeln wie frisch geölte Kantinenstühle durch die Handlung. Das Humorige entsteht nicht aus platten Sprüchen, sondern aus dem menschlichen Wunsch, in der Welt zurechtzukommen, obwohl sie selten planbar ist.
Warum dieser Film funktioniert
„Mit Herz und Hilde“ erzählt keine Heldengeschichte, sondern eine Überlebensgeschichte. Hilde ist keine Ikone, kein Vorbild, kein makelloser Charakter – sie ist jemand, den man kennt. Eine Frau, die Verantwortung trägt, obwohl sie manchmal lieber die Tür zuwerfen würde. Eine, die Fehler macht und trotzdem weitergeht.
Genau hier liegt der Charme des Films:
Er nimmt seine Figuren ernst, ohne ihnen die Leichtigkeit zu nehmen. Es wird gelacht, geschimpft, gestritten und gehofft – alles in genau der Mischung, die ein Leben lebenswert macht.
Besetzung
- Hilde Bornowski – Steffi Kühnert
- Ronnie Bornowski – Martin Brambach
- Angie Müritz – Judith Engel
- Lore Mattisek – Anne-Kathrin Gummich
- Tamara May – Kotbong Yang
- Leonie May – Mathilda Joung
- Paule – Andreas Schröders
- Moni – Tilla Kratochwil
- Bernie – Stephan Korves
- Pastorin Krüger – Ulrike Hübschmann
- Herr Baumann – Michael Krabbe
- Hotelbesitzerin – Sarah-Rebecca Gerstner
- Herr Wegener – Frederik Schmid
- Jean Müller – Alexander Weise
Stab
- Regie: Markus Herling
- Buch: Klaus Arriens & Thomas Wilke
- Musik: Birger Clausen
- Kamera: Peter Steuger
- Drehzeit: 30. Januar – 28. Februar 2024
- Drehorte: Berlin, Brandenburg und Umgebung
Sendetermin
- Freitag, 5. Dezember 2025 – 20:15 Uhr im Ersten
- Ab 00:00 Uhr in der ARD-Mediathek
Fazit
Ein Film, der beweist:
Humor entsteht nicht, wenn alles gut läuft – sondern wenn man trotzdem weitermacht.
Wer an diesem Freitag die Fernbedienung in der Hand hält, bekommt kein Fernsehgericht von der Stange, sondern ein liebevoll gewürztes Menü aus Herz, Wahrheit und guter Unterhaltung.
Und genau deshalb lohnt sich das Einschalten.



