Auslöser des Verfahrens war die „Team Wallraff“-Sendung vom 28. August 2017, in der Missstände in der Berliner Pflegeeinrichtung dokumentiert wurden – darunter mangelnde Hygiene, Pflegemängel und chronischer Personalmangel. Die Betreiber warfen den Reporterinnen und Reportern falsche und verzerrende Darstellungen vor und forderten öffentliche Richtigstellungen sowie Unterlassungen.
Gericht stärkt die Pressefreiheit
Das OLG Hamburg folgte der Argumentation von RTL in fast allen Punkten. Zahlreiche Unterlassungs- und Richtigstellungsansprüche aus der Vorinstanz wurden aufgehoben. Besonders deutlich: Die geforderte öffentliche Richtigstellung wies das Gericht vollständig zurück.
Die Richter stuften zentrale Passagen der Sendung als zulässige Meinungsäußerungen oder als wahrheitsgemäße Tatsachenbehauptungen ein – darunter Begriffe wie „schockierende Zustände“ oder „erschreckende Missstände“. Auch die Darstellung der Zustände aus dem Jahr 2014 sei journalistisch korrekt wiedergegeben worden.
Besonders betonte das Gericht die Bedeutung der Verdachtsberichterstattung. Journalistinnen und Journalisten dürften bei glaubwürdigen Hinweisen auch kritisch berichten – ein Signal, das verdeckte Recherchen in Zukunft weiter absichert.
Reaktionen auf das Urteil
Günter Wallraff zeigte sich nach dem Urteil erleichtert:
„Meine Erfahrung zeigt: Oft werden über Jahre hinweg enorme Summen in Prozesse gesteckt – Mittel, die weit sinnvoller in eine gute und menschenwürdige Versorgung von Pflegebedürftigen investiert werden sollten!“
Auch Christian Schleker, Chefredakteur Primetime bei RTL NEWS, sieht das Urteil als klaren Beweis für die Bedeutung investigativer Recherche:
„Das Urteil bestätigt unsere Arbeit und die Bedeutung investigativer Recherche. ‚Team Wallraff‘ deckt mit sorgfältiger Recherche Missstände auf und konfrontiert Verantwortliche – umso wichtiger ist es, dass diese Arbeit rechtlich geschützt bleibt. Und um das unter Beweis zu stellen, scheuen wir auch keine jahrelangen Verfahren.“
Juristische Signalwirkung
Mit der Entscheidung sendet das OLG Hamburg ein deutliches Signal: kritische Berichterstattung ist geschützt, wenn sie faktenbasiert erfolgt. Für Medienhäuser bedeutet das einen gestärkten Rückhalt bei der Aufarbeitung gesellschaftlich relevanter Missstände – gerade in sensiblen Bereichen wie Pflege und Gesundheit.