Um Deutschlands Klimaziele bis 2045 zu erreichen und Treibhausgasneutralität zu gewährleisten, ist eine erhebliche CO2-Entnahme aus der Atmosphäre unerlässlich. Dies ist eine zentrale Erkenntnis des interdisziplinären Forschungsprojekts „CDRterra“, an dem über 100 Wissenschaftler in zehn Forschungsverbünden beteiligt waren. Die Untersuchung konzentrierte sich auf verschiedene Methoden zur CO2-Entnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR).
Julia Pongratz, Sprecherin von „CDRterra“ und Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, unterstreicht die Dringlichkeit der Situation: „Ohne ehrgeizige Emissionsminderungen und CO2-Entnahme verfehlen wir unsere Klimaziele. Für den Hochlauf von CDR braucht es klare Regeln, den Ausbau neuer Methoden, den Schutz natürlicher Senken – und den Dialog mit der Gesellschaft.“
Die Wissenschaftler prognostizieren in einem Szenario ambitionierter Transformationsmaßnahmen, dass ab 2045 bis zu 80 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr durch eine Kombination bestehender und neuer CDR-Verfahren gebunden werden könnten. Aktuell entzieht Deutschland der Atmosphäre nur einen Bruchteil dieser Menge.
Bewährte und neue Ansätze zur CO2-Bindung
Kurzfristig umsetzbare Verfahren wie Aufforstung, Agroforstwirtschaft und „Carbon Farming“ – etwa durch Zwischenfruchtanbau – können die CO2-Speicherung beschleunigen. Modellierungen zeigen, dass großflächige Aufforstungen den Klimawandel spürbar verlangsamen können. Um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müsste die weltweite CO2-Entnahme bis 2050 mindestens verdoppelt werden.
In Deutschland führen diese Maßnahmen zu einem erhöhten Wettbewerb um Flächen. Hinzu kommen rechtliche und strukturelle Barrieren: Die Umwandlung von Grünland in Wald ist vielerorts untersagt, und Landwirten fehlen oft das notwendige Know-how oder eine langfristige Planungssicherheit.
Zur Erweiterung des Portfolios wurden auch neue Verfahren entwickelt. Dazu gehört die künstliche Photosynthese, die CO2 mittels Solarenergie effizienter in Kohlenstoffflocken umwandelt als natürliche Prozesse. Vielversprechend sind auch neuartige Baustoffe aus Gabbro, Pflanzenkohle und biobasierten Kohlenstofffasern, die CO2 speichern können. Diese Optionen erfordern jedoch weitere Entwicklungszeit und eine gut geplante Infrastruktur für CO2-Transport und -Speicherung.
Um Treibhausgasneutralität zu erreichen, sind laut den Forschern grundlegende Reformen in der Landnutzung und Landwirtschaft, der Aufbau geeigneter Infrastrukturen und die Schaffung passender politischer Rahmenbedingungen – im engen Dialog mit der Gesellschaft – notwendig. Dies könnte zudem vielfältige ökologische und gesellschaftliche Vorteile mit sich bringen.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)
