Der Sanierungsstau beim deutschen Schienennetz ist eklatant und übertrifft frühere Annahmen deutlich. Dies geht aus einem Bericht des Bundesrechnungshofes hervor, der an mehrere Bundestagsausschüsse gerichtet ist und über den „Tagesspiegel Background“ exklusiv berichtet. Die Prüfer beziffern den Wiederbeschaffungswert aller Anlagen, deren durchschnittliche technische Nutzungsdauer bereits überschritten wurde, auf rund 123 Milliarden Euro.
Neben dem alarmierenden Zustand des Netzes rügen die Bonner Rechnungsprüfer auch die Art und Weise, wie der Staat die Instandhaltung der Schienenwege finanziert. Im Fokus der Kritik steht dabei ein geplanter Nachschlag zur sogenannten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV), den der Haushaltsausschuss in Kürze genehmigen soll.
Mangelhafte Finanzierungspraxis der LuFV
Die LuFV stellt die Geldquelle dar, über die die Deutsche Bahn vom Bund Mittel für den Unterhalt des Schienennetzes erhält. Obgleich die LuFV sich bisher als „ungeeignet“ erwiesen habe, das Netz zu erhalten und zu verbessern, beabsichtige das Verkehrsministerium, die Bundeszuschüsse mit einem dritten Nachtrag um mehr als 19 Milliarden Euro aufzustocken, kritisieren die Autoren des Berichts.
Die Rechnungsprüfer betonen, dass die LuFV maßgeblich zum gegenwärtig schlechten Zustand der Schiene beigetragen habe. Trotz dieser Erkenntnis solle der DB mit einem „übereilt verhandelten dritten Nachtragsentwurf“ weitere Milliarden für die Jahre 2025 und 2026 zugesprochen werden, ohne die grundlegende Finanzierungssystematik zu optimieren. Nach Ansicht der Prüfer wäre dieser Nachtrag „eine Vertragsänderung zum Nachteil des Bundes und letztlich zu Lasten der Allgemeinheit“.
Fehlende Kontrolle und Wirtschaftsanreize
Ein weiterer Kritikpunkt des Bundesrechnungshofes ist die unzureichende Kontrolle des Bundes hinsichtlich der sinnvollen Verwendung der bereitgestellten Gelder. Zudem bemängeln die Rechnungsprüfer die fortschreitende Reduzierung des Eigenanteils, den die zuständige Bahntochter DB Infrago bei Schienenprojekten leisten muss. Dies mindere den Anreiz zu wirtschaftlichem Handeln erheblich.
Forderung nach Überarbeitung der Richtlinien
Bevor der Bund weitere Finanzmittel bereitstellt, fordern die Rechnungsprüfer eine umfassende Überarbeitung der bestehenden Richtlinien. Es gelte sicherzustellen, „dass die enormen zusätzlichen Bundesmittel eine angemessene Verbesserung des Schienennetzes bewirken“. Die Bundesfinanzierung der Schienenwege habe sich zu einem „Fass ohne Boden“ entwickelt.
Des Weiteren kritisiert der Bundesrechnungshof, dass das Verkehrsministerium die Instandhaltung des Schienennetzes inzwischen maßgeblich aus dem Sondervermögen finanziert. Diese Praxis sei nicht dazu gedacht, laufende Kosten zu decken, sondern zusätzliche Investitionen zu ermöglichen. Die Prüfer halten diese Vorgehensweise für „verfassungsrechtlich riskant“ und mahnen das Ministerium an, „geltendes Recht einzuhalten“.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)


