„Wolfswinkel“ heute im Ersten: Wenn Heimat, Freundschaft und Hass aufeinanderprallen

Die Geschichte von „Wolfswinkel“ – so beginnt das Drama

Ein kleines Dorf im nördlichen Brandenburg. Wälder, Seen, Kanäle – hier kennt jeder jeden. Melanie Kosse (Annett Sawallisch) arbeitet bei der Polizei und sorgt als Dorfpolizistin für Ruhe und Ordnung. Sie liebt ihren Job, mag Harmonie – und meidet politischen Streit.

Doch eines Tages verschwindet plötzlich eine alte Kopfsteinpflasterstraße. Für die meisten im Dorf ist es nur ein Stück kaputtes Pflaster, das endlich asphaltiert wurde. Doch für Grundschullehrerin Anja Raabe (Alina Levshin) ist es mehr: ein Mahnmal an die Zwangsarbeiter, die hier in der NS-Zeit unter schlimmsten Bedingungen arbeiten mussten.

„Das ist respektlose Geschichtsverdrängung!“, ruft Anja, als sie das leere Stück Straße sieht. Doch ihr Protest prallt im Dorf auf Gleichgültigkeit. „Warum so ein Aufstand?“, fragen viele Nachbarn.

Alte Freundschaft, neue Fronten

Die Situation eskaliert, als Lydia John (Claudia Eisinger) in den Ort zurückkehrt. Früher war sie eine gefeierte Schauspielerin, doch nach ihrer gescheiterten Karriere startet sie neu durch – als Influencerin. Mit Videos wie „Holt euch eure Heimat zurück!“ erreicht sie tausende Follower.

Ihre Botschaften kommen im Dorf an – Heimat, Tradition, Stolz. Doch in ihren Posts schwingt immer mehr rechte Rhetorik mit. Während Anja lautstark protestiert, versucht Melanie, neutral zu bleiben. Sie will weder mit Anja brechen noch Lydia verlieren.

Doch je lauter die Debatte wird, desto klarer wird: Neutralität ist keine Option. Lydia zieht immer mehr Anhänger an – Menschen, die nicht nur Beifall klatschen, sondern bald auch aggressiv auftreten.

Melanie zwischen Pflicht und Freundschaft

Melanie gerät unter Druck. Als Polizistin muss sie für Ordnung sorgen, doch als Freundin will sie keinen endgültigen Bruch riskieren. Die Stimmung im Dorf kippt, Drohungen werden lauter, Anfeindungen offener.

Als dann ein Angriff auf Anja das Dorf erschüttert, muss Melanie handeln. Sie steht vor einer Entscheidung, die alles verändern wird – nicht nur für sie, sondern für den ganzen Ort.

Kritik

„Wolfswinkel“ überzeugt vor allem mit einer starken Hauptdarstellerin Annett Sawallisch, die die innere Zerrissenheit der Polizistin Melanie glaubwürdig transportiert. Die dichte, authentische Atmosphäre des brandenburgischen Dorfes und die sensible Inszenierung machen das Drama sehenswert. Besonders stark sind die leisen, nachdenklichen Momente, in denen sich die wachsende Spaltung im Dorf zeigt. Schwächen gibt es bei der Figurenzeichnung: Einige Charaktere wirken zu schematisch, was die Komplexität der Konflikte mindert. Auch die Inszenierung bleibt an manchen Stellen zu zurückhaltend, sodass die Eskalation nicht die volle emotionale Wucht entfaltet. Dennoch ist „Wolfswinkel“ ein relevantes, aktuelles Drama, das zum Nachdenken über Heimat, Freundschaft und gesellschaftliche Spaltung anregt.

Starke Besetzung, starkes Thema

„Wolfswinkel“ überzeugt nicht nur mit einer hochaktuellen Story, sondern auch mit einer exzellenten Besetzung:

• Melanie Kosse – Annett Sawallisch
• Lydia John – Claudia Eisinger
• Anja Raabe – Alina Levshin
• Heiko Moede – Robert Höller
• Eileen Dreetz – Lisa-Marie Koroll
• Elivis Neumann – Jörg Schüttauf
• Justin Schulte – Jonathan Lade
• Karol Swiercinski – Grzegorz Stosz

Das Drehbuch stammt von Scarlett Kleint, die Regie führte Ruth Olshan. Kamerafrau Katharina Dießner fängt die Weite der brandenburgischen Landschaft ebenso ein wie die Enge in einem Dorf, das an seinen Spannungen zu zerbrechen droht. Für die emotionale Tiefe sorgt die Musik von Ulrich Reuter.

Gesellschaftlich hoch brisant

„Wolfswinkel“ ist mehr als ein Fernsehfilm. Er zeigt, wie soziale Medien Stimmungen anheizen, wie schnell sich rechtspopulistische Botschaften verbreiten – und wie schwer es ist, neutral zu bleiben, wenn man mitbekommt, dass sich der Ton im Ort verändert.

Das Drama spiegelt Themen wider, die viele Dörfer und Kleinstädte betreffen: Spaltung, Unsicherheit, Sehnsucht nach Zugehörigkeit – und die Frage, wie man miteinander umgehen soll, wenn Meinungen aufeinanderprallen.

Sendetermine und Streaming

Wer den Film nicht verpassen möchte, sollte sich diese Zeiten vormerken:

• TV-Premiere: 3. September 2025, 20:15 Uhr, Das Erste
• Wiederholung: 4. September 2025, 00:15 Uhr, Das Erste
• Streaming: jederzeit in der ARD-Mediathek und zusätzlich bei Amazon Prime und Apple TV verfügbar.