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Kampf der Kardinäle

Machtkampf im Vatikan: Diese Kardinäle sind Favoriten für die Papst-Nachfolge

Machtkampf im Vatikan: Diese Kardinäle sind Favoriten für die Papst-Nachfolge
Foto: insidebw.de/AI

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Papst Franziskus (†88) ist tot. Während Millionen Gläubige trauern, läuft hinter den Mauern des Vatikans bereits die Suche nach seinem Nachfolger auf Hochtouren. Intern hat längst ein geheimer Machtkampf unter den Kardinälen begonnen. Rund 1,4 Milliarden Katholiken auf der Welt stellen sich die bange Frage: Wer wird der nächste Papst? Schon jetzt kristallisieren sich einige Favoriten heraus – und Beobachter diskutieren, welchen Kurs das kommende Kirchenoberhaupt einschlagen könnte.

Kontinuität oder Kurswechsel?

Papst Franziskus hat in seinem Pontifikat über 80 wahlberechtigte Kardinäle ernannt und damit die Mehrheit im bevorstehenden Konklave geprägt. Viele dieser Würdenträger dürften daran interessiert sein, den reformfreudigen Kurs des verstorbenen Papstes fortzusetzen. Ein Kandidat aus diesem Lager ist etwa Kardinal Juan José Omella (79) aus Spanien. Der Erzbischof von Barcelona gilt als volksnaher Kirchenmann und enger Vertrauter von Franziskus. „Wir dürfen die Wirklichkeit nicht nur mit den Augen derer sehen, die am meisten haben, sondern auch mit den Augen der Armen“, betonte Omella schon 2022​ – ein Satz, der Franziskus’ Vision einer armen- und demutsorientierten Kirche perfekt widerspiegelt.

Allerdings ist es in der Kirchengeschichte eher selten, dass zwei Päpste mit ganz ähnlicher Ausrichtung direkt aufeinanderfolgen​. Dieses historische Muster könnte Bewerbern nutzen, die sowohl im konservativen als auch im progressiven Lager Unterstützer finden. Kommt es also zum Kompromiss zwischen den Kirchenflügeln?

Italienische Favoriten an der Spitze

Besonders in Italien schaut man gespannt auf das Konklave, denn seit 1978 hatte kein Italiener mehr den Stuhl Petri inne. Zwei hochrangige Römer stehen nun im Zentrum der Spekulationen: Kardinal Matteo Zuppi (69) und Kardinal Pietro Parolin (70).

Zuppi, der Erzbischof von Bologna, gilt als wichtiger Vertreter des reformorientierten Flügels. Er ist Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz und fungierte zuletzt als Sondergesandter des Papstes im Ukraine-Krieg. In Rom wird der bescheidene Geistliche – ein Mitglied der Gemeinschaft Sant’Egidio – ähnlich wie Franziskus als “Straßenpriester” geschätzt, der sich vor allem um Migranten und Arme kümmert und sich wenig um Prunk und Protokoll schert​. Wegen dieser Nähe zum Stil des verstorbenen Pontifex titulierten italienische Medien ihn bereits als den “italienischen Franziskus”​. Sollte Zuppi gewählt werden, wäre er der erste Papst aus Italien seit fast 47 Jahren.

Auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin wird als Papabile gehandelt. Parolin ist seit über einem Jahrzehnt die mächtige Nummer Zwei im Vatikan und diente Franziskus als loyaler Chefdiplomat. Der erfahrene Kurienkardinal aus Venetien gilt vielen als moderater “Kontinuitätskandidat”, der einerseits den Kurs des verstorbenen Papstes fortführen könnte, andererseits aber auch für Ausgleich zwischen unterschiedlichen Lagern sorgen würde. In Parolins Amtszeit fällt etwa ein umstrittenes Abkommen mit China über Bischofsernennungen – Kritiker sehen ihn daher als pragmatischen Diplomaten, der Kompromisse eingeht, während Befürworter ihn als idealistischen Friedensstifter loben​. Unstrittig ist: Der nüchterne Parolin genießt als vatikanischer Machtmanager hohes Ansehen und könnte im Konklave sogar den Vorsitz übernehmen​.

Papst aus Afrika oder Asien?

Erstmals ein nichteuropäisches Kirchenoberhaupt – dieses Szenario steht hoch im Kurs, wenn es um die Nachfolge Franziskus’ geht. Vor allem ein Papst aus Afrika oder Asien wäre ein Novum für die katholische Kirche​. Entsprechend werden Kardinäle aus dem Globalen Süden aufmerksam beobachtet.

Als aussichtsreichster Vertreter Asiens gilt Kardinal Luis Antonio Tagle (67) von den Philippinen. Tagle, der ehemalige Erzbischof von Manila, arbeitet seit einigen Jahren im Vatikan und zählt zu den einflussreichsten Vertrauten von Franziskus​. Er wird oft als „asiatischer Franziskus“ bezeichnet​, weil er – wie der Argentinier – für eine Kirche an der Seite der Armen eintritt. Zugleich vertritt Tagle in Fragen der katholischen Morallehre eine klare Linie: Ebenso wie Papst Franziskus ist er strikt gegen Abtreibung und künstliche Empfängnisverhütung eingestellt​. Diese Mischung aus sozialem Engagement und traditioneller Lehre macht ihn in den Augen vieler Kardinäle zu einem attraktiven Kompromisskandidaten. Sollte die Wahl tatsächlich erstmals auf einen Asiaten fallen, wäre das ein starkes Signal an die am schnellsten wachsende katholische Gemeinschaft der Welt – die Gläubigen in Asien.

Auch Afrika hat mögliche Anwärter auf den Thron Petri. Oft genannt wird hier der ghanaische Kurienkardinal Peter Kodwo Appiah Turkson (76). Er könnte der erste schwarze Papst seit Jahrhunderten werden​. Turkson verbindet eine lange Erfahrung als Erzbischof in seiner Heimat mit wichtigen Führungsrollen im Vatikan (u. a. leitete er das einflussreiche Amt für Gerechtigkeit und Frieden). Der Afrikaner profilierte sich als Stimme für Umweltschutz, Armutsbekämpfung und wirtschaftliche Gerechtigkeit, während er zugleich die traditionellen Positionen der Kirche – etwa zur Ehe zwischen Mann und Frau – verteidigt​. In jüngerer Zeit zeigte er sich jedoch offen für Kurskorrekturen: So erklärte Turkson, die Gesetze gegen Homosexualität in vielen afrikanischen Ländern seien zu hart​. Diese Haltung signalisiert Dialogbereitschaft ohne die Grundsätze der Kirche preiszugeben. Mit seinen 76 Jahren gehört Turkson allerdings zu den älteren Kandidaten; ob die Kardinäle ihm nach dem betagten Franziskus dennoch das Amt zutrauen, bleibt abzuwarten.

Ein weiterer Name aus Afrika fällt immer häufiger: Fridolin Ambongo Besungu (65), Erzbischof von Kinshasa im Kongo. Er gehört zu den prominentesten Kirchenmännern des Kontinents und würde eine jüngere Generation repräsentieren. Ambongo gilt allerdings als eher konservativ. Reformbestrebungen aus Europa begegnete er teils mit scharfer Kritik – die Segnung homosexueller Paare geißelte er etwa als „kulturelle Kolonialisierung des Westens“. Diese Worte zeigen: Auch im globalen Süden existieren unterschiedliche Lager. Während Turkson als Brückenbauer zwischen Progressiven und Gemäßigten auftreten könnte, verkörpert Ambongo eher den Wunsch vieler Afrikaner nach Bewahrung traditioneller Werte. Die Entscheidung der Kardinäle dürfte daher davon abhängen, welche Akzente der nächste Papst setzen soll – einen Ausbau des sozialen Engagements weltweit oder eine Stärkung klassischer Lehrpositionen.

Konservative hoffen auf einen Kurswechsel

Im Schatten der favorisierten „Franziskus-Erben“ formiert sich das konservative Lager, das auf einen Richtungswechsel in Rom drängt. Diese Gruppe – von Beobachtern auch als die “Falken” im Kardinalskollegium bezeichnet – wünscht sich einen Papst, der die Kirche zurück auf einen traditionelleren Kurs führt​. Vor allem Themen wie die Segnung wiederverheirateter Geschiedener, der Umgang mit Homosexuellen, die Dezentralisierung der Kirche und die von Franziskus angestoßenen Reformprozesse stoßen bei ihnen auf Vorbehalte. Entsprechend werden nun Kardinäle gehandelt, die als Gegenentwurf zum jetzigen Reformkurs gelten.

Als prominentester konservativer Papabile gilt Kardinal Péter Erdő (72) aus Ungarn. Der theologisch brillante Erzbischof von Esztergom-Budapest hatte ein enges Verhältnis zu Papst Benedikt XVI. und stand Franziskus’ Neuerungen oft reserviert gegenüber. Erdő dürfte bei Kardinälen, die eine Abkehr von Franziskus’ progressivem Kurs erwarten, die besten Chancen haben​, analysiert FOCUS Online. Als tief traditionsverbundener Kirchenmann würde er vermutlich einen klar konservativen Kurs einschlagen – sehr zur Freude jener im Vatikan, die auf eine Rückbesinnung hoffen. Auch Kardinal Gerhard Ludwig Müller (77) aus Deutschland wird als Außenseiterkandidat genannt. Der ehemalige Glaubenshüter im Vatikan und scharfe Kritiker liberaler Reformideen genießt zwar Reputation als versierter Theologe, doch seit dem Rücktritt von Benedikt XVI. haben deutsche Kleriker in Rom deutlich an Einfluss verloren​. Müllers Chancen werden daher als eher gering eingeschätzt.

Zu den lautstärksten Widersachern von Franziskus zählt zudem der amerikanische Kardinal Raymond Burke (76). Er machte in der Vergangenheit keinen Hehl daraus, dass er selbst vorsichtige Reformschritte – wie die Segnung homosexueller Paare – strikt ablehnt. Burke wurde von Franziskus zunehmend ins Abseits gestellt (der Papst entzog ihm wichtige Ämter und Privilegien) und gilt innerhalb des Kardinalskollegiums als polarische Figur. Seine Aussichten auf das höchste Amt werden folglich als äußerst gering beurteilt, auch wenn ultrakonservative Kreise ihn gerne auf dem Papstthron sähen.

Doch unabhängig davon, ob sich am Ende ein Progressiver, ein Moderater oder ein Konservativer durchsetzt – fest steht: Die kommende Papstwahl verspricht eine spannende Weichenstellung für die Zukunft der Kirche. Mit Spannung wird erwartet, ob die Kardinäle den eingeschlagenen Reformkurs bestätigen oder einen bewusst traditionellen Akzent setzen. Am Ende entscheiden persönliche Ausstrahlung, strategisches Geschick im Konklave und nicht zuletzt der Faktor X, den viele Gläubige als Wirken des Heiligen Geistes betrachten. Erst wenn weißer Rauch aus der Sixtinischen Kapelle aufsteigt, steht endgültig fest, welcher dieser gehandelten Kandidaten das Konklave als Nachfolger von Franziskus verlassen wird. Bis dahin aber darf weltweit munter weiter spekuliert – und gebetet – werden.

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