Es sollte der klare Pflichtsieg werden, ein souveränes Zeichen im Kampf um das WM-Ticket. Doch die Realität in Luxemburg zeigte ein anderes Bild: Deutschland wackelte, verlor die Kontrolle, überstand mehrere Schreckmomente – und gewann am Ende dank zweier Treffer von Nick Woltemade (49., 69.) mit 2:0. Ein Sieg, der auf dem Papier gut aussieht, spielerisch aber erneut Fragen offenlässt. Luxemburg spielte mutig, aggressiv, nutzte die Unsicherheiten der DFB-Elf eiskalt – und hätte den Favoriten mehrfach bestrafen müssen.
Ein erster Durchgang zum Vergessen – Luxemburg mutiger, Deutschland fahrig
Der Abend begann mit einem Schock für alle, die hier ein Klassenunterschied-Spiel erwarteten. Luxemburg presste früh, attackierte mutig – und die DFB-Elf geriet sofort ins Wanken. Der vermeintliche Fußballzwerg erarbeitete sich die besseren Chancen: Dardari aus spitzem Winkel, Sinani artistisch per Hacke, später Thill und erneut Dardari – Luxemburg kam zu klareren Abschlüssen als Deutschland.
Der viermalige Weltmeister? Zu langsam, zu statisch, zu unpräzise. Wirtz probierte viel, scheiterte aber an der gut sortierten Defensive. Gnabry, Baku, Sané – alle prallten an den kompakten Roten Löwen ab. Goretzka sah früh Gelb, Tah musste mehrfach retten. Sogar die Standardsituationen – sonst ein deutsches Mittel gegen tiefstehende Gegner – verpufften komplett.
Dass es zur Pause 0:0 stand, war eher dem Glück als der Kontrolle zu verdanken. Luxemburg spielte mutig wie ein Team, das nichts zu verlieren hat. Deutschland hingegen wirkte gehemmt, unkonzentriert und weit entfernt vom Anspruch eines WM-Anwärters.
Woltemade erlöst die DFB-Elf – doch Luxemburg bleibt brandgefährlich
Es brauchte eine Einzelaktion, eine schnelle Kombination – und plötzlich lag Deutschland vorne. Pavlović mit einem brillanten Diagonalball, Sané mit dem perfekt getimten Querpass, Woltemade mit dem eiskalten Abschluss: 1:0 (49.). Der VAR prüfte, gab das Tor – doch ein spielerischer Befreiungsschlag war es nicht.
Im Gegenteil: Nur wenige Minuten später hätte Luxemburg ausgleichen müssen. Christopher Martins schoss aus fünf Metern freistehend rechts am Tor vorbei – ein Fehlschuss, der in Erinnerung bleiben wird. Kurz darauf verpasste Dardari aus elf Metern nur um Zentimeter das lange Eck.
Die Roten Löwen spielten weiter mutig, giftig, gallig. Deutschland musste Fouls ziehen: Tah, Goretzka, sogar Trainer Jeff Strasser sah Gelb. Vieles deutete darauf hin, dass dieses Spiel jederzeit kippen könnte.
Erst in der 69. Minute die vermeintliche Entscheidung: Wieder Sané mit dem Tempo, wieder ein starker Pass – diesmal auf Baku, der das Auge für Woltemade hat. Der Stürmer spitzelt den Ball ins linke Eck. 2:0 – schmeichelhaft, aber entscheidend.
Nagelsmanns Wechsel – und ein deutscher Auftritt, der Sorgen macht
Nagelsmann reagierte früh: Goretzka raus, Nmecha rein. Später folgten Leweling, Thiaw und Schade. Doch das Spiel beruhigte sich nur langsam. Luxemburg rannte weiter an, doch die Genauigkeit fehlte nun – vielleicht auch wegen der enormen Laufleistung zuvor.
Deutschland verwaltete die Führung, aber ohne zu glänzen. Vieles wirkte improvisiert, unrund, fahrig. Raum produzierte mehrere Wackler, Baumann musste mehrfach retten, Pavlović blieb einer der wenigen Lichtblicke.
Gerade in der Endphase wurde sichtbar: Die DFB-Elf spielt eine Qualifikation, in der sie zwar punktet, aber kaum überzeugt.
Fazit: Sieg ja – überzeugend nein
Deutschland nimmt die drei Punkte mit – und das ist in dieser Phase entscheidend. Doch wer dieses Spiel genau verfolgt hat, weiß: Die Mannschaft ist noch weit von echter Turnierform entfernt.
Kritische Punkte des Abends:
- Fehlende Kontrolle über weite Strecken
- Luxemburg mit den klareren Chancen in Hälfte eins
- Defensiv mehrfach aufgerissen
- Goretzka kurz vor Gelb-Rot, Strasser wütend
- Offensivaktionen oft ideenlos
- Hauptsache gewonnen
Luxemburg hingegen zeigte, warum sie unter Strasser zu den interessantesten Underdog-Teams Europas zählen: mutig, frech, taktisch diszipliniert – und mit genug Chancen, um ein Kapitel Fußballgeschichte zu schreiben.
Für Deutschland bleibt die Erkenntnis: Ein Sieg – ja. Ein Warnsignal – definitiv. Die Leistung muss sich steigern, bevor es gegen die Slowakei um den Gruppensieg geht.